Verbreiten sich multiresistente Keime über Abwässer?
BMBF fördert Verbundprojekt zu klinisch relevanten antibiotikaresistenten Bakterien
Bonn (pm) – Antibiotikaresistente Darmbakterien werden über Toiletten und Kläranlagen in die Umwelt eingetragen. Einige von ihnen überleben dort, vermehren sich oder übertragen sogar ihre Resistenzgene auf andere Mikroorganismen. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass Menschen – zum Beispiel über den Kontakt mit Oberflächengewässern – mit diesen Bakterien besiedelt werden. Wenn diese Erreger dann eine Infektionskrankheit auslösen, was besonders häufig im Krankenhaus passiert, zum Beispiel als Harnwegsinfektion oder Blutvergiftung, dann wird es schwierig, diese mit Antibiotika wirksam zu bekämpfen. Es liegt also im Interesse der Gesellschaft, rasch zu klären, ob und wie sich resistente Keime über das Abwasser ausbreiten – und wie dies verhindert werden könnte. Das neue Projekt HyReKA untersucht diese Aspekte und sucht dabei auch nach Antworten auf die Frage: Wie relevant sind diese Keime für die Gesundheit des Menschen?
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert nun das Verbundprojekt „Biologische bzw. hygienisch-medizinische Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern (HyReKA)“, an dem neben Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Forschungsinstitutionen auch Wasserver- und -entsorger, Industriepartner und Behörden beteiligt sind. Das Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikums Bonn leitet das Projekt. Das Vorhaben untersucht die Ausbreitung resistenter Erreger über Abwässer aus Krankenhäusern, kommunalen Bereichen, Tiermast- und Schlachtbetrieben sowie aus Flughäfen und prüft geeignete Gegenstrategien.
Die weltweite Zunahme antibiotikaresistenter Bakterienstämme wird von der World Health Organization (WHO) als eine der derzeit größten Herausforderungen für die Menschheit angesehen; sie war auch eines der Themen auf dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015. Um die Einträge von Antibiotika bzw. antibiotikaresistenten Keimen in die Umwelt zu minimieren, soll entsprechend der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) zukünftig der Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin reduziert werden.
Eine besondere Gefahr stellen Erreger mit einer Resistenz gegen Reserveantibiotika dar, weil es sehr schwierig werden kann, die mit diesen Keimen infizierten Menschen zu behandeln. Das zeigte unter anderem im Jahr 2014 ein von verschiedenen Darmbakterienstämmen ausgelöster Krankheitsausbruch: In diesem Fall wurden in einer Krankenhausküche Lebensmittel durch den Kontakt mit dem Abwassersystem kontaminiert. Glücklicherweise konnte der Übertragungsweg identifiziert werden. Dank zielgerichteter Hygienemaßnahmen wurde der Krankheitsausbruch dann innerhalb kürzester Zeit unter Kontrolle gebracht.
Erste Hinweise auf die Bedeutung von Abwässern für die Ausbreitung antibiotikaresistenter Erreger wurden bereits im Rahmen eines Vorläuferprojektes der BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa)“ gewonnen. Mit dem neuen Vorhaben HyReKA legt das BMBF jetzt ein zielgerichtetes und detailliertes neues Projekt zu diesem Forschungsthema auf. Dabei geht es um die hygienisch-medizinische Relevanz resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung für die Trinkwasseraufbereitung.
Forscher testen neue Abwasserreinigungstechniken
In diesem Verbundvorhaben soll die Ausbreitung antibiotikaresistenter Erreger aus Krankenhäusern, Tiermast- und Schlachtbetrieben sowie Flughäfen über die Abwässer und Kläranlagen in die Oberflächengewässer nachverfolgt werden. Darüber hinaus werden in einer Großkläranlage neue Abwasserbehandlungstechniken getestet, mit denen resistente Erreger zurückgehalten werden können. Die Wissenschaftler wollen außerdem untersuchen, wie groß das Risiko ist, dass sich multiresistente Bakterien in vom Menschen genutzten Gewässern und in Konsumgütern (wie Fleischprodukte oder Trinkwasser) und Ressourcen (wie etwa Rohwasser) verbreiten können. Eine weitere Frage ist, ob die Antibiotikakonzentrationen in Abwässern und Oberflächengewässern ausreichen, um resistenten Erregern einen Vorteil zu verschaffen, denn das würde die Ausbreitung resistenter – und dadurch schwerer zu behandelnder – Infektionserreger begünstigen.
Die Ergebnisse des Projektes sollen dabei helfen, künftig Risiken der Verbreitung von multiresistenten Bakterien über Abwässer besser erkennen und vermeiden zu können – ganz im Sinne einer nachhaltigen Risikoregulierung und der Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen (United Nations, UN). Die Forscher wollen außerdem herausfinden, welche technischen Lösungen – zum Beispiel in der Abwasserbehandlung und -überwachung von medizinischen Einrichtungen sowie Tiermast- und Schlachtbetrieben – die gefährlichen Keime in Schach halten können.
Zahlreiche Partner beteiligt
Zu den Forschungspartnern des Verbundprojektes HyReKA zählen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit dem Institut für funktionelle Grenzflächen und dem Institut für Mikrosystemtechnik, das Universitätsklinikum Bonn mit dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH) und dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie (IMMIP), die Universität Bonn mit dem International Food Net Center (FNC) und den Fokusgruppen Food Waste und One Health, die Technische Universität Dresden mit dem Institut für Hydrobiologie, die RWTH Aachen mit dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft, das Umweltbundesamt (UBA), das Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe (TZW) und kommunale Partner, wie der Erftverband Bergheim, der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV), der Zweckverband Klärwerk Steinhäule und der Industriepartner XYLEM Services GmbH.
Das Verbundprojekt HyReKA ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa)“ im Förderschwerpunkt „Nachhaltiges Wassermanagement (NaWaM)“.
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