Grundwasser und Flüsse durch Humanarzneimittel gefährdet
(aho) – Dr. Thomas Ternes vom ESWE-Institut für Wasserforschung und Wassertechnologie in Wiesbaden weist in einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Schriftenreihe Wasserforschung“ darauf hin, dass als Vorfluter genutzten Fließgewässer beträchtliche Konzentrationen an Pharmaka (Arzneistoffe) aufweisen. Die Rückstände von Arzneistoffen aus dem Humanbereich sind im kommunalem Abwasser, Kläranlagen und Kläranlagenabläufen in hohen Konzentrationen. Da die Humanpharmaka teilweise bis zu 50 % unverändert ausgeschieden werden, ist mit einem verbreiteten Auftreten der Arzneimittelwirkstoffe im kommunalen Abwasser zu rechnen. Die Abwasserreinigung führt zwar in der Regel zu einer deutlichen Reduzierung der Abwasserfrachten, eine vollständige Eliminierung war jedoch nicht zu beobachten. Dies ist vor allem für kleinere Fließ- gewässer mit einem hohem Abwasseranteil zu beobachten. Da die Einträge an Pharmaka in die Gewässer maßgeblich über die Kläranlagen erfolgt, stammen die Verbindungen vor allem aus der Humanmedizin und nicht aus der Veterinärmedizin bzw. Landwirtschaft. Nachweisbar waren Antirheumatika (Rheumamittel), Analgetika (Schmerzmittel), Betablocker, Bronchospasmolytika, Lipidsenker, Antiepileptika, Antibiotika, Kontrazeptiva (Hormone aus der Antibabypille) und Röntgenkontrastmittel.
Auch die Entsorgung von Medikamenten über den Hausmüll kann bei Undichtigkeiten von Deponien zu einer Belastung des Grundwassers führen. Nach geltender EU-Richtlinie (91/689/EWG vom 22.12.1994 über gefährliche Abfälle 94/904/EWG) werden Alt-Arzneimittel nicht zu den gefährlichen Abfällen gerechnet, sondern können auch von den Apotheken im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union als Hausmüll entsorgt werden.
Neben den eher diffusen Einträgen, die aus der Anwendung von Arzneimittel herrühren, können Industrieabwässer der Arzneimittelproduzenten zu einem punktuellen Eintrag der Pharmaka in die als Vorfluter genutzten Fließgewässer führen.
Quelle:
Dr. Thomas Ternes: Abbau und Verhalten von Pharmaka in aquatischen Systemen Schriftenreihe Wasserforschung 6 / Chemische Stressfaktoren in aquatischen Systemen; 2000, S. 23 – 33