Gewerbsmäßiger Betrug, 1,3 Mio. Schaden: Ex-Bio-Baron vor Gericht
Paderborn (aho/lme) – Der ehemalige Bio-Geflügelzüchter und -vermarkter Berthold Franzsander aus dem ostwestfälischen Delbrück muss sich ab Montag vor dem Landgericht Paderborn verantworten. Die Staatsanwartschaft wirft dem Mann gewerbsmäßigen Betrug in 72 Fällen vor. Stattliche sechs Stunden dauerte es, bis der Bielefelder Staatsanwalt die 70-seitige Anklageschrift verlesen hatte, in der die Ermittler ihre Vorwürfe gegen den einstigen „Bio-Baron“ zusammengetragen haben.
Der Angeklagte soll von 2005 bis 2007 in erheblichem Umfang Fleisch aus konventioneller Produktion angekauft und mit dem Bio-Fleisch gemischt haben. Mindestens die Hälfte der konventionellen Ware soll als teureres Bio-Produkt verkauft worden sein. Dadurch habe sich der Landwirt rund 1,3 Millionen Euro unrechtmäßig in die eigene Tasche gewirtschaftet, so die Staatsanwaltschaft. 685 Abnehmer sollen die Produkte, die nicht den strengen Vorgaben des Ökolandbaus entsprachen, gekauft haben – unter ihnen viele Biohöfe, Reformhäuser, Naturkostläden, aber auch Marken wie BioBio. Und sogar die Landeshauptstadt Wiesbaden orderte bei Franzsander ebenso wie die Landesvertretung Nordrhein-Westfalen in Berlin.
Zehntausende falsche Bio-Hühner und -Puten sollen an eine Braterei auf dem Oktoberfest in München geliefert worden sein.
Die Verteidigung beruft sich auf Öko-Verordnungen der EU. Die hätten die Vermischung von konventioneller und Bioware bis zu einem gewissen Grad erlaubt. Und das aus gutem Grund: Schließlich sei auf dem Bio-Sektor die Nachfrage groß. Auch hier würden sehr kurzfristig Bestellungen erfolgen, die rasch umgesetzt werden müssten, wenn denn ein Lieferant seine Kundschaft behalten wolle. Und so müsse eben jetzt überprüft werden, ob Berthold F. sich in erlaubten Grenzen bewegte, als er konventionelles Geflügelfleisch mit Bio-Ware mischte. „Wir streiten über die Prozentsätze“, wird der Verteidiger in der Zeitung „Neue Westfälische“ zitiert.
Ein Urteil wird frühestens Anfang Oktober erwartet.
Der 46-jährige Angeklagte gehörte jahrelang zu den größten Biofleisch-Produzenten in Deutschland. Franzsanders Geflügelhandel, die RoBert’s Bio-Geflügel GmbH & Co KG, stellte zum 31. Januar 2009 die Geschäftstätigkeit ein.
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