Antibiotikaresistenzen: Tonnen-Ideologie nicht zielführend
Paris (aho) – Der plakative Ruf nach „weniger Antibiotika“ zur Reduktion antibiotikaresistenter Keime führt nicht zwangsläufig zum gewünschten Erfolg. Wie französische Wissenschaftler vom Conservatoire National des Arts et Metiers in Paris aktuell in der Online-Ausgabe des Fachjournals „Antimicrobial Agents and Chemotherapy“ berichten, müssen gezielt diejenigen Antibiotika eingespart werden, die Auslöser von Resistenzen sind. Für die Publikation hatten die Autoren die Ergebnisse eines nationalen Studie in der Humanmedizin ausgewertet. Obwohl in Frankreich in den Krankenhäusern Antibiotika eingespart wurden, war der Effekt auf die Ausbreitung von MRSA-Bakterien (Methicillin-resistenter-Staphylococcus-aureus) eher bescheiden. Vielmehr kommt es darauf an, welche Antibiotika in den Krankenhäusern eingespart werden. Wie die Studienleiterin Laura Temime in einer Pressemitteilung der American Society for Microbiology erläuterte, führe ein verringerter Einsatz von Clindamycin- und Methicillin zu einem deutlichen Rückgang von MRSA. Zudem müssten Reduktionsprogramme in Krankenhäusern mit der ambulanten Praxis koordiniert werden, da sonst durch die Verschreibungspraxis der Humanmediziner resistente Keime immer wieder in Krankenhäuser eingetragen würden. (1)
Auch durch die deutsche Laienpresse geistern immer wieder Tonnenangaben zum Antibiotikaverbrauch in Human- und Veterinärmedizin. Laut Mitteilung des Helmholtz Zentrums in München (2) wird der Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin auf 1.600 Tonnen geschätzt. Die Daten wurden im Jahr 2004 vom Wissenschaftlichen Instituts der AOK im Jahr 2006 für das Jahr 2004 hochgerechnet. Eine Auswertung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nennt für das Jahr 2011 einen Verbrauch von rund 1700 Tonnen
Antibiotika in der Veterinärmedizin. Da in der Human- und Veterinärmedizin die unterschiedlichen Antibiotikagruppen unterschiedlich häufig genutzt werden, ist eine reiner Tonnenvergleich unsinnig.
(1) Lidia Kardaś-Słoma, Pierre-Yves Boëlle, Lulla Opatowski, Didier Guillemot, and Laura Temime
Antibiotic reduction campaigns do not necessarily decrease bacterial resistance: the example of methicillin-resistant S. aureus
Antimicrob. Agents Chemother. AAC.00711-13; published ahead of print 1 July 2013, doi: 10.1128/AAC.00711-13
(2) NN: Antibiotika und Antibiotikaresistenzen
Helmholtz Zentrum München, Kommunikation – FLUGS-Fachinformationsdienst,
Stand: 24. Januar 2007
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