Hannover (aho) – Wer sich als Niedersachse vor MRSA-Bakterien fürchtet, der sollte tunlichst in die Hochburgen der Massentierhaltung ziehen. Diese Empfehlung ergibt sich aus einer statistischen Auswertung aktueller Daten zur MRSA-Häufigkeit und den Nutztierzahlen in den verschiedenen niedersächsischen Landkreisen. In den viehstarken Landkreisen Emsland, Cloppenburg, Vechta, Grafschaft Bentheim und Oldenburg sind die MRSA-Fälle je 100.000 Einwohner gemessen an dem Tierzahlen je Einwohner deutlich geringer als in den vieharmen Kreisen Holzminden, Goslar, Northeim und Peine. Die Region Hannover – Sitz der Niedersächsischen Landesregierung – entpuppt sich in der Auswertung als MRSA-Hochrisikogebiet.
In Fachkreisen sind schon längst die Eintragsquellen für resistente Keime wie MRSA und die Risiken für eine Verbreitung unter Menschen bekannt und in der Fachliteratur belegt. Es sind dies insbesondere Kliniken und Arztpraxen und Altenheime mit unzureichendem Hygienemanagement, die vielleicht analog zu Schweineställen mit Abluftfiltern ausgestattet werden sollten.
Ein ungelöstes Problem sind resistente Keime in Krankenhausabwässern, die in Kläranlagen von der Zahl her reduziert werden, aber durch den Austausch von Resistenzgenen untereinander und durch den Kontakt zu Antibiotika noch „aufgerüstet“ werden.
Auch über Personenverkehr, Urlauber, Seeleute und Patienten aus dem Ausland können resistente Keime nach Europa gebracht und schließlich auch in Krankenhäuser eingetragen werden.
Noch weitgehend ungeklärt ist die Rolle von Heim- und Haustieren wie Hunde, Katzen und Pferde, bei denen durch eine antibiotische Behandlung resistente Keime selektiert werden. Während Hähnchen, Gulasch und der Schweinebraten gewöhnlich erhitzt verzehrt werden und damit weitgehend von resistenten Keimen befreit sind, leben Menschen mit ihren Tieren eng und herzlich verbunden in einem Haushalt oder werden liebevoll gepflegt.
Zur Erinnerung
Auch das unter großem politischem Getöse durchgedrückte Verbot und im Jahre 2006 endgültig in Kraft getretene Verbot von antibiotischen Leistungsförderern, die deutliche Einschränkung der tierärztlichen Therapiefreiheit und die Etablierung von Antibiotikaleitlinien in der Veterinärmedizin hat nicht zu der intendierten Entspannung der Resistenzlage bei Antibiotika in der Humanmedizin geführt. Vielmehr steigt in Deutschland die Zahl an Krankheitserregern in der Humanmdizin, die auf gängige Antibiotika nicht mehr oder nur unzureichend ansprechen.
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Malo
Schöner Artikel, aber ich hätte eine Frage:
Aus welchen Dokument wurde diese Statistik entnommen, und, fast wichtiger, ist dieses frei zugänglich.
Denn so hat diese Statistik für mich nicht viel mehr wert als eine unbelegte Behauptung… und ich würde sie eigentlich zu gerne für Diskussionen verwenden.
Jun 4th, 2014
Reply to “Bewiesen: Massentierhaltung schützt vor MRSA; Raum Hannover besonders gefährdet!”