Stimmenthaltung beim BSE-Risikomaterial sachlich begründet
Deutschland ist BSE-frei
Bonn, 10. Juli (bme) – Die deutsche Stimmenthaltung beim Beschluss zum Risikomaterial von Wiederkäuern ist sachlich begründet, sagte der Staatssekretär beim Bundesernährungsminister, Dr. Martin Wille, vergangene Woche (7. Juli) in Berlin. Der gesundheitspolitische Aspekt, also die Entfernung von Risikomaterialien aus der Lebensmittelkette, habe als Beitrag zur Verbesserung des vorbeugenden Gesundheitsschutzes die uneingeschränkte Unterstützung der Bundesregierung. Der zweite Aspekt des Kommissionsvorschlags, das Verbot der Verwendung in Futtermitteln, sei dagegen fachlich nicht nachvollziehbar. Da es keine getrennte Abstimmung gegeben habe, sei für Deutschland nur eine Enthaltung in Frage gekommen.
Der Agrarrat der Europäischen Union hatte sich am 19. Juni 2000 mit dem Entscheidungsentwurf der EU-Kommission zur zukünftigen Behandlung des sogenannten Risikomaterials von Wiederkäuern befasst. Der Entwurf fand bei deutscher Enthaltung keine qualifizierte Mehrheit. Da er auch nicht mit einfacher Mehrheit abgelehnt wurde, hat die Kommission nunmehr die Entscheidung 2000/418/EG vom 29.06.2000 erlassen.
Danach muss ab dem 1. Oktober 2000 Risikomaterial in der gesamten EU mit oder ohne Vorbehandlung durch Verbrennen vernichtet werden. Als Risikomaterial gelten nach dieser Entscheidung Schädel – einschließlich Gehirn und Augen -, Mandeln und Rückenmark von über 12 Monate alten Wiederkäuern, ein Dünndarmabschnitt (Ileum) von über 12 Monate alten Rindern sowie die Milz von Schafen und Ziegen. In allen Mitgliedstaaten muss das Risikomaterial entfernt werden, unabhängig vom sogenannten geographischen Risiko. Nur in Großbritannien und in Portugal müssen weitere Gewebe und Organe vernichtet werden.
Nach den derzeitigen Überlegungen ist davon auszugehen, dass die bei der Schlachtung anfallenden Risikomaterialien sowie verendete Rinder, Schafe und Ziegen mit oder ohne Vorbehandlung verbrannt werden müssen. Selbst schlachtende Metzger müssen das Risikomaterial bis zur Abholung getrennt von anderem beseitigungspflichtigen Material lagern.
Die gegenüber dem bisherigen System der Tierkörperbeseitigung zu erwartenden Mehrkosten sind nach Angaben von Wille im Wesentlichen auf folgende Faktoren zurückzuführen:
Bei getrennter Erfassung und Verarbeitung sind höhere Transportkosten zu erwarten, denen nur geringe Einsparungen im Verarbeitungsprozess in Tierkörperbeseitigungsanstalten gegenüberstehen.
Anstelle von Futtermittelerlösen fallen für die zu entsorgenden Mengen in der Regel Gebühren an.
Nach derzeitigen Überlegungen werde das in Tierkörperbeseitigungs- anstalten vorbehandelte Risikomaterial in Müllverbrennungsanlagen verbrannt, was jährlich Mehrkosten von etwa 71,5 Millionen Mark verursache. Inwieweit die derzeitige Gebührenregelung für die Tierkörperbeseitigung in den Ländern auch für Risikomaterial beibehalten wird, müsse abgewartet werden.
„Deutschland ist BSE-frei“, betonte Wille. Das habe auch das Internationalen Tierseuchenamtes (OIE) in Paris bestätigt. Die vorläufige Einstufung des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses (WLA) vom Mai 2000 – Deutschland in Statusklasse III – sei völlig inakzeptabel. Der WLA unterstelle damit, dass es wahrscheinlich – wenn auch nicht bestätigt – sei, dass ein deutsches Rind mit BSE infiziert sei. Diese Bewertung entspreche nicht den Kriterien des OIE und beruhe auf Annahmen, die wissenschaftlich nicht belegt werden könnten und damit rein spekulativ seien.
BMELF-Pressedienst, Nr. 28 vom 10. Juli 2000