Technisches Versagen: Akute Nitritvergiftung bei Mastschweinen
Bakum/Hannover (aho) – Tierärzte von der Außenstelle für Epidemiologie in Bakum, vom Institut für Tierernährung und der Klinik für kleine Klauentiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover berichten im Fachjournal „Tierärztliche Praxis“ über einen ungewöhnlichen Vergiftungsfall bei Mastschweinen. Im Bestand traten in einem Zeitraum von zehn Monaten an drei Tagen massive Todesfälle(31%, 61%, 17%) bei Schweinen im Alter von 4 bis 6,5 Monaten auf. Nach den ersten beiden Vergiftungsfällen gelangten die Schweine erst 36 Stunden nach dem Verenden zur Sektion (Zerlegung). Es wurden Anzeichen für einen Sauerstoffmangel festgestellt. Der anfängliche Verdacht auf eine Vergiftung über das Futter konnte ebenso wie der eines Lüftungs- ausfalls oder einer Güllegasvergiftung nicht bestätigt werden. Erst beim dritten Fall waren eine sofortige klinische Untersuchung des Bestandes sowie Sektionen kurz nach dem Verenden der Tiere möglich. Die schokoladen- braune Verfärbung des Blutes und der Nachweis eines erhöhten Gehaltes an Methämoglobin (nicht zum Sauerstofftransport fähiger roter Blutfarbstoff) im Blut klinisch erkrankter Tiere lenkten den Verdacht auf eine Nitrit- vergiftung. Der Nachweis von 600 mg/kg Nitrit im Mageninhalt und 800 mg/kg im Futterbrei bestätigten die Diagnose.
Nitrit ist ein hochwirksames Oxidationsmittel, das Hämoglobin (Fe2+) in Methämoglobin (Fe3+) umwandelt. Als Folge wird der Körper unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Im Allgemeinen treten Symptome ab einem Methämo- globinanteil von 10-20% auf, ab 30% ist die Blutfarbe deutlich ins Braune verändert, zum Tod kommt es bei 60-80% Methämoglobin durch innere Erstickung.
Als Eintragsquelle konnte der Rückfluss von Spülwasser aus einem so genannten Bioluftwäscher ermittelt werden. Die Anlage ist dazu vorgesehen, das in der Stallabluft befindliche Ammoniak zu Nitrit und Nitrat zu oxidieren und letztendlich in gasförmigen Stickstoff umzuwandeln (Denitrifikation). Der Filter besteht aus einer Schicht von Vulkangestein, das mit nitrifizierenden Bakterien besiedelt ist. Das Spülwasser, mit dem der Filter ständig besprüht wird, hat entsprechend hohe Nitritgehalte (2000 mg/l). Um den Spülwasserkreislauf aufrechtzuerhalten, wird frisches Wasser aus der Tränkwasserleitung zugeführt. Durch einen wartungsbedingten Ausfall der Pumpe der Tränkwasserleitung und die Öffnung eines Magnetventils, das Tränk- und Spülwasserkreislauf trennte, konnte das konta- minierte Spülwasser in den Tränkwasserkreislauf gelangen und so die Vergiftung auslösen.
Elisabeth große Beilage, J. Zentek, M. Wendt Akute Nitritvergiftung bei Mastschweinen – Ein Fallbericht Tierärztliche Praxis Großtiere 2002; 30: S. 23-29