LAVES-Bericht: Bio-Kontrollen unzureichend; Missstände übersehen
Hannover/Bremen (aho/lme) – Wie einem nicht öffentlichen Bericht des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) zu entnehmen ist, scheint die Wirksamkeit der Bio-Kontrollen seitens der privaten Kontrollstellen nicht gegeben zu sein. Deshalb wird derzeit darüber diskutiert, wegen der immer wiederkehrenden Betrugsfälle in der Bio-Branche die Kontrollen zu verstaatlichen. Bisher werden private Kontrollstellen staatlich beauftragt. Der Bericht des LAVES belegt, dass Mitarbeiter der Kontrollstelle Institut für Marktökologie (IMO) einen Legehennenbetrieb im niedersächsischen Dorf Dimhausen zwar binnen einem Jahr neunmal überprüften und dabei Mängel beim Tierschutz übersahen. Im Bericht ist dazu zu lesen: „In keinem der von der IMO GmbH angefertigten Protokolle und Auswertungsschreiben erfolgt ein Hinweis auf die Besichtigung und den Zustand des Tierbestands.“ Offenbar haben die Kontrolleure sich die Tiere nie genauer in Augenschein genommen. So war dem IMO-Mitarbeitern auch nicht eine Elektrodrahtanlage aufgefallen, die die Hennen davon abhalten kann, Eier auf den Boden statt in die dafür vorgesehenen Nester zu legen.
Der in Bremen erscheinende Weser-Kurier kommentiert in seiner Ausgabe vom 21. Oktober 2013:
Die Nachfrage nach Bio-Produkten boomt. So sehr, dass Niedersachsen den Hunger auf bio nicht mit heimischen Produkten stillen kann. Landwirtschaftsminister Christian Meyer wirbt inzwischen offen um konventionelle Landwirte, die auf ökologischen Landbau umstellen. Auch wenn die Zahl der Bio-Bauern in Niedersachsen auf 1400 gestiegen ist, machen diese nur 2,8 Prozent der Branche aus (bundesweit 6,8 Prozent). Es ist also richtig, Landwirte mit Prämien für eine Umstellung ihrer Produktion zu begeistern. Nur so lässt sich der Bedarf künftig durch heimische Produkte decken. Teilweise aber erfolgt die Umstellung zu schnell und ohne Überzeugung. Eierbarone, die früher konventionell produzierten und nach dem Verbot der Käfighaltung heute Bio-Eier verkaufen, haben ihre Grundhaltung nicht unbedingt geändert. Wem es nur ums Geld geht, der schreckt auch nicht davor zurück, die angeblichen Bio-Hühner in überbelegte Ställe zu stecken, Kontrolleure zu bestechen und Verbraucher zu täuschen. Dabei sollte der Verbraucher erwarten können, dass er für den Bio-Aufpreis ein Ei von Hühnern bekommt, die Platz haben und gesundes Futter bekommen. Es kann nicht sein, dass die Betriebe selbst die Kontrolleure bezahlen, die ihnen das Öko-Siegel verleihen. Solche Kontrollen können gar nicht unabhängig sein. Wenn der Staat eigene Zertifizierer nicht bezahlen kann, muss er eben eine Abgabe von den Bauern verlangen, um eine eigene Kontrollstelle einzurichten. Immer neue Skandale zeigen, dass es nicht anders geht. Das Ausmaß der Bio-Industrialisierung ist inzwischen so groß, dass die Staatsanwaltschaft gar nicht alle Fälle von Verstößen gegen das Ökolandbaugesetz bearbeiten kann. Davon profitieren jene, die ohnehin schon ihren Gewinn auf dem Rücken derjenigen Bio-Bauern machen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen. Ähnliches gilt für Zertifizierer. Die Institute agieren teils international und machen ein fragwürdiges Geschäft. Wen wundert es da, dass Discounter Bio-Produkte billig anbieten können. Die unkontrollierte Industrialisierung der Bio-Produktion bringt uns auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit nicht weiter. Das hat der Bericht des Landesamtes für Verbraucherschutz gezeigt.
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