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Das aktuelle aho-Interview: Nadelöhr Proteinversorgung

rathjens(aho) – Die Tierproduktion ist in weiten Teilen von einer gesicherten Versorgung mit Eiweißfuttermitteln abhängig. aho sprach mit dem Agraringenieur und Fütterungsexperten Johannes Rathjens über die einige ausgesuchte Aspekte. Rathjens berät Unternehmen der Futtermittelbranche bei der Produktentwicklung und im Qualitätsmanagement.

aho: Herr Rathjens, das Thema Eiweißversorgung unserer Tiere steht nicht erst seit gestern im Focus. Wo sehen Sie da die Baustellen?

Rathjens: Mit steigender Kaufkraft in vielen Ländern der Erde wird der Fleisch, Eier und Milchkonsum unweigerlich steigen. Bei Aldi, Lidl und Co. kostet der Liter 60 Cent, in China bis zu 3,50 Euro. Seit 2007 hat sich der Export deutscher Trinkmilch in die Volksrepublik nach China vertausendfacht. Tendenz: weiter steigend.

Zwangsläufig werden die Preise für Aminosäuren, Soja und andere Eiweißträger steigen. Und ob da der subventionierte Anbau von Soja in Mitteleuropa wirklich Sinn macht, wage ich zu bezweifeln. Schon jetzt werden die landwirtschaftlichen Flächen intensiv für die Produktion von Futter- und Lebensmitteln genutzt. Dazu kommen dann noch Biogas-Mais und ökologische Vorrangflächen (Greening). Zwangsläufig würde sich wiederum Produktion auf Flächen außerhalb Europas verlagern. Das ist nicht die Lösung.

aho: Und was ist die Lösung?

Rathjens: „Die“ Lösung gibt es nicht. Jetzt rächt sich übrigens das massive Zurückfahren der Agrarforschung in Deutschland.

Sicherlich ist es sinnvoll, vorhandene Futtermittel zu optimieren. Aktuell in der Diskussion ist das „Fermentierte Rapsschrot“, um Soja bei Schweinen zu ersetzen. In der Mast kann Sojaschrot komplett durch fermentiertes Rapsschrot ersetzt werden. Bei Aufzuchtferkeln ist das nur begrenzt möglich . Ich sehe aber noch keine Produktionskapazitäten, um nennenswerte Mengen auf den Markt zu bringen.

Ein wichtiges Thema sind sicherlich tierische Proteine und Phosphate. In Ländern wie die USA, China, Thailand und Australien landen dieses Material ganz selbstverständlich im Futtertrog und wird wegen ihrer hochwertigen Proteine geschätzt. Mit hochwertigen tierischen Proteinen ließe sich die eingesetzte Proteinmenge im Vergleich zu einer Sojafütterung deutlich reduzieren. Das entlastet den Stoffwechsel und die Umwelt.

aho: Bekommen wir wieder Tiermehl in den Trog

Rathjens:
Das klassische Tiermehl gehört der Vergangenheit an. Es war sicherlich eine wertvolle Futterkomponente, aber es enthielt ein Gemisch von Schlachtabfällen verschiedenster Tierarten, Kadaver und euthanasierte Hunde, Katzen und Pferde aus der Tierarztpraxis.

Die EU beabsichtigt sogenanntes „PAP“ (Processed animal protein / „behandelte tierische Eiweiße“) für die Fütterung von Schweinen und Geflügel zuzulassen. Das „PAP“ wird über die Verordnung (EU) No 142/2011 als ein tierisches Protein definiert, welches als Katergorie-3-Material bei der Schlachtung gesunder Tiere anfällt. Hierzu gehören Häute, Hufe und Hörner, Schweineborsten und Federn, überlagertes Fleisch, minderwertiges Fleisch, Eberfleisch mit Geschlechtsgeruch (Stinkefleisch), verunreinigte Fleischabschnitte oder Fette, Stichstellen, Schweinelebern mit „milk-spots“ und verunreinigtes Blut.

Hierfür muss gewährleiste sein, dass die Kategorie-3-Materialien artenrein an den Schlachthöfen erfasst werden. Schlachtnebenprodukte von Wiederkäuern bleiben dagegen auch weiterhin tabu, selbst wenn die Tiere als gesund beurteilt wurden und die sogenannten BSE-Risikomaterialien als Kategorie-1-Material unschädlich entsorgt wurden.

aho: Haben wir die Voraussetzung, um „PAP“ in der Praxis zu nutzen?

Rathjens: Moderne „Mono-Schlachthöfe“, die nur Schweine oder nur Geflügel schlachten, könnten eine „Artenreinheit“ gewährleisten. Aktuell stehen aber noch keine Tests zur Verfügung, die es gestatten, Proteine vom Schwein und vom Geflügel sicher zu unterscheiden, um so das Kannibalismusverbot zu gewährleisten.

Ebenso fehlt ein verbindlicher Schwellenwert für eine Kontamination. In der Praxis lässt sich beim Transport und der Verarbeitung von PAP in Mischfutterbetrieben nicht vermeiden, dass winzige Spuren von Schweine-PAP in Geflügel-Ware gelangt und umgekehrt.

aho: Rechnet sich der Einsatz von PAP? Kann der viel kritisierte Import von Soja reduziert werden?

Rathjens: Grundsätzlich ja. Im Raum steh ein um 30-35% reduzierter Verbrauch an pflanzlichem Eiweiß (Soja) und ein reduzierter Verbrauch von nicht-organischen Phosphaten und synthetischen Aminosäuren in der Tierfütterung. Ich persönlich glaube aber nicht, dass namhafte Mengen an Geflügel-PAP in die Schweinetröge gelangt. Die Geflügel-Ware wird im Hunde- und Katzenfutter geschätzt. Ich habe meine Zweifel, dass die Mischfutterindustrie hier preislich mitbieten kann.

aho: Schlachtabfälle enthalten nicht nur Eiweiß sondern auch das Phosphat der Knochen.

Rathjens: Richtig. Diese Phosphate lassen sich optimal über den Tiermagen verwerten, da die Magensäure in der Lage ist, Knochenphosphate aufzuschließen und verfügbar zu machen. Der Einsatz von Knochenphosphaten als Dünger ist grober Unfug. Knochen sind im Boden sehr stabil. Das beweisen ganz augenfällig Funde von Skeletten, die auch noch nach Jahrhunderten erstaunlich gut erhalten sind.

aho: Das Thema tierisches Eiweiß ist nach der BSE-Krise hoch emotional.

Rathjens: Der Gedanke, „PAP“ einzusetzen, dürfte in der Praxis in Deutschland bei der Mischfutterindustrie und der Fleischbranche auf Widerstände stoßen. Man fürchtet sicherlich skandalisierende Medienberichte. Hier rächt es sich bitter, dass man in den letzten Jahrzehnten versucht hat, beim Verbraucher ein Bild einem „Disney-Landwirtschaft mit Reetdach“ zu erzeugen. Darum wirken jetzt Bilder, die völlig gesetzeskonforme Vorgänge einer guten landwirtschaftlichen Praxis zeigen, befremdlich und abstoßend.
Man darf auch nicht glauben, dass man Verbraucher in klassischen Sinne wirklich informieren kann. Vielmehr geht es darum, dem Verbraucher das berechtigte Gefühl zu vermitteln, dass es in der Land- und Lebensmittelwirtschaft ehrlich, tier- und umweltfreundlich zugeht.

aho: Da kommen doch die Tierwohl-Label zur rechten Zeit.

Rathjens: Kriterien wie Nachhaltigkeit und Tierwohl sind von höchster Dringlichkeit
und Relevanz. Sie sind aber wenig wert, da der Verbraucher dies bereits jetzt erwartet! Er ist nicht bereit, für ein ordentliches Geschäftsgebaren und die gut Behandlung von Tieren einen Aufschlag zu zahlen. Tierschutz muss für alle Tiere in der Landwirtschaft gelten. Label lösen das Problem nicht, da sie den Markt spalten und durch ihre Vielzahl den Verbraucher verwirren.

Wie aus Berlin verlautet, ist eine schwarz-rote „Tierwohl-Offensive“ angedacht, die alle Landwirte unterschiedslos einbindet und auch eine europäische Perspektive hat. Da muss dann jeder mit.

aho: Vielen Dank für das Gespräch!

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