Hermanndorfer Landwerkstätten: die Bio-Show
Ein Zwischenruf des Agraringenieurs Georg Keckl aus Hannover.
(gk) – Die Landwerkstätten beherbergen die 35 am meisten fotografierten und gefilmten Sauen Deutschlands. Der Hof ist Kulisse für die Einzelhandelsgeschäfte der Werkstätten. Die Produkte kommen in der Mehrzahl von 80 Zulieferbetrieben, die nicht genannt werden. Als Bio-Bilderbuchrasse werden die „Mohrenköpfle“, die Schwäbisch-Hall’schen Schweine, gehalten, die allerding von zwei Hochzucht Pietrain-Ebern gedeckt werden, was meist nicht gesagt wird.
Auf Fotos und in Filmen, die es in alle Sender und Zeitschriften schafften, wühlen die Sauen draußen auf der Blumenwiese umher oder springen durch den Schnee. Das ist alles eine unglaubwürdige Show nach dem Motto, so leben hier die Schweine! Das Problem mit dem angeblichen Wiesen-Auslauf bei Schweinen in allen Filmen über Biobetriebe ist, dass es den zu 99% nicht geben kann. Da werden Schweine in frisch gewühlten Kuhlen gezeigt. Wenn die länger draußen wären, gäbe es nur Kuhlen und kein Gras mehr.
[Freilandhaltung: Grasbewuchs nicht vorhanden]
Aber den Schwindel merkt leider kein BR- und sonstiges Filmteam, selbst wenn die Reporterin selbst die Schweine in einen jungfräulichen Schnee auf die Weide läßt. Es wundert kein Filmteam, dass da nie Spuren von den Vortagen sind! Das Problem bei Freilandhaltung ist der Platzbedarf der Schweine. In der Natur kommt ein Schwein evtl. dreimal im Jahr an eine Stelle und das macht schon riesige Schäden. Begrenzte „Standweiden“ mit hohen Auslaufzeiten am Stall wären ein absolut krankheitsverseuchter Nitrat-Sumpf, was sollten die denn anderes sein bei dem Wühltrieb der Schweine? Scheiße, Pisse, Ratten, Mäuse, Vögel, Parasiten! Alle Bilder mit Blumenwiesen als Schweineauslauf am Stall, zumal mit unberingten Schweinen (Nasenring oder Klammer gegen das Wühlen geht ja bei Bioschweinen nicht), die einen Dauerzustand zeigen sollen, sind Fakes. Dauer-Weideschwein geht nur bei extrem viel Auslauf und einem Weidemanagement weit ab vom Stall, nie am Stall. Es ist den Hermannsdorfern vorzuwerfen, dass sie bei solchen Inszenierungen mitmachen und die Bilder dann immer gesendet werden, schön viel Stroh und schon viel Grün auf der Weide, wenn das Filmteam vom Fernsehen kommt. So was macht man nicht!
Zu den Ferkelverlusten
Die Vorfahren unserer Hausschweine, unsere Wildschweine, sind beim ersten Ferkeln ungefähr halb so schwer wie unsere Zuchtrassen. Das sind schlanke, flinke, schnelle, leichte Tiere. Durch die hohe Bejagung fand auch eine Auslese nach klein und flink statt. Diese springlebendigen Tiere erdrücken keine Ferkel und wenn eines stirbt, dann werden die gefressen, Schweine sind Kanibalen. Unsere Hausschweine, alle, auch die auf Biohöfen, sind selektiert auf Größe. Sie sind im Vergleich zu Wildschweinen sehr plump. Eine Zuchtsau kann eine viertel Tonne wiegen. Die plumpen Tiere plumpsen sich hin und erdrücken Ferkel. Früher kein Problem, da waren immer Menschen bei der Geburt bei. In Ihrer Stellungnahme zu den Ferkelverlusten schreiben die Hermannsdorfer: „Im letzten Jahr haben wir pro Wurf jedoch ungewöhnlich viele Ferkel bekommen – bis zu 20. Üblich sind durchschnittlich 12 bis maximal 14 Ferkel. Derart große Würfe führen leider häufig auch dazu, dass mehr Ferkel als üblich schwach auf die Welt kommen und geringe Überlebenschancen haben. So stieg die Sterblichkeitsrate in 2015 zeitweise auf ungewöhnlich hohe 25%.“ In den gefilmten Stallunterlagen steht das nicht, da gibt bis zu 63,6% Ferkelverluste auch bei normal großen Würfen!
Aus dem Stallbuch der Hermannsdorfer Landwerkstätten, Sauen:
Schwäbisch-Hall’sche gedeckt mit Pietrain. Der Betrieb hat nur ca. 35 Sauen.
Von diesen 15 Würfen hatten 5 mehr als 14 Ferkel (15; 19; 16;2×17). Nimmt man diese 5 raus, dann sind es immer noch 27% Verluste an lebend geborenen Ferkeln in der Zeitspanne bis zum Absetzen in den Würfen mit 14 Ferkeln und weniger. Bei den 5 Würfen mit mehr als 14 Ferkeln waren es 40%! Es gab auch bei normal großen Würfen Verluste an Ferkeln von bis zu über 60% – und das mit Ferkelschutzkorb! Bei dem Wurf am 2.Februar haben von 11 lebend geborenen Ferkeln nur 4 bis zum Absetzen überlebt, bei dem Wurf am 3.Mai haben von 13 lebend geborenen Ferkeln nur ganze 5 überlebt! Und in 2016 kommt der Ferkelschutzkorb weg und es soll alles besser werden? Dieser Betrieb sollte unter amtsärztliche Aufsicht gestellt werden und bei Unfähigkeit und Schwindel sollte ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen werden, wie es bei allen sein sollte, die nicht befähigt sind, Tiere zu halten. Es darf keine Qual-Rabatte auf Bio geben! Wer mehrfach kranken Tieren nur 1 mal pro Jahr ein Antibiotikum gibt, weil mehr bei Bio nicht erlaubt ist, sonst mit homöopatischen Quacksalbereien rumhampelt, ist ein Tierquäler. Schutz der Tiere vor Leid geht absolut vor dem Bio-Status! Dann sind es eben keine Bio-Schweine mehr, aber sie sind gesund geworden. Homöopathie im Stall ist Ideologie statt Medizin. Der Vorrang von Homöopathie bei Kindern und Tieren ist was für die Psychiatrie, auch wenn das im Bio-Gesetz steht. Homöopathie ist nur was für gesunde Tiere, wenn sie krank sind, ist es Humbug!
Es gibt keinen Ferkelerzeuger in Niedersachsen, der bei solchen Leistungsdaten überleben würde, das geht nur in dem Kulissenhof. Und das mit Ferkelschutzkörben und mit einer „Robustrasse“. Dass es zu einer Strahlenpilzinfektion (ein Bakterium) kommt, ist bei stoppeligem Stroh und Ferkeln mit ungeknippsten Eckzähnen aus alten Ställen altbekannt. Die Zitze wird verletzt, der Keim kommt in das Gewebe oder der Keim steigt in der Milch auf. In dem Faktbeitrag wurde gesagt, dass die Kastenstände dieses Jahr abgebaut werden, in dem Film waren sie schon abgebaut, aber da lag ein Schreiben des Chefs vom 19.1.2015 vor, das wurde bei Fakt gezeigt, dass Morgen das ZDF um 10:30 Uhr kommt und alles „schön eingestreut“ sein soll. Wenn Bioställe gefilmt werden, dann gab es da immer einen Überfluss an Stroh und keine Kastenstände? Nach dem Besuch des ZDF wurden die Stände wieder aufgebaut, um sie dann in 2016 (oder Ende 2015) abzubauen, wie ehrlich ist das alles?
Da schwimmt der Tierarzt-Kronzeuge gegen die Konvi-Landwirtschaft
Nun ist auch interessant, was Dr. Rupert Ebner, der Kronzeuge gegen die Konvi-Bauern, dazu sagt. In der BR-Sendung „Unkraut“: Sendung vom 18. Januar 2016 (Wiederholung); Zu viel Schwein gehabt? Warum Billigfleisch uns teuer zu stehen kommt! Sagte er inmitten der Hermannsdorfer Schweine stehend auf die Frage des BR: „Würde es denn konkret auch ohne Antibiotika gehen?“
Ebner: „Wenn man den jetzigen Haltungsformen nur die Medikamente und die Antibiotika wegnehmen würde, würden sie nicht funktionieren! Die Tiere müßten definitiv leiden. Wir müssen also an allen drei Schrauben drehen, wir müssen die Tiere gut unterbringen, wir müssen die Tiere vernünftig mit dem füttern, was für sie gedacht ist und wir müssen die Tierzucht so gestalten, dass wir immunstarke Tiere züchten, die eben keine Medikamente brauchen.“
Und nun ist da im Kühlschrank ein Reserve-Antibiotikum (Enro-Sleecol aus der Gruppe der Fluorchinolone) für diese Robust-Rasse gefunden worden. Wer will das doch verbieten, wer macht da geraden einen Skandal draus?
Interessant ist auch was Dr. Ebner zu den angeblich „vielen toten Ferkeln bei Konvibetrieben“ sagt. Schuld an den vielen toten Ferkeln sei die „agrarindustrielle Produktion“. Die Bauern seien in ein System gezwängt, wo sie zu Tierquälern werden müssen. Mit einem besseren Haltungssystem würde sich das alles sehr stark verbessern. Die Ziele, die heute den gesellschaftlichen Konsens darstellen, müssten Gesetz werden.
Bitte, da haben sie ihre „besseren Haltungsbedingungen“ in ihrem Vorzeigebetrieb, in dem sie immer gefilmt werden und sich anscheinend wenig umkuckten, und zugleich eine Flut an toten Ferkeln einer Robustrasse in eben diesen Haltungsbedingungen. Es ist eine Scharlatanierie zu behaupten, die „besseren“ Haltungsbedingungen bei Bio führen zu gesünderen Schweinen. Messbar ist das nicht. Das ist so klug wie zu behaupten, Keime geben einen Rabatt auf bio. Die besseren Haltungsbedingungen können zu mehr Krankheiten führen, das ist die Wahrheit!
Schein-Heil bei der Demo „Wir haben es satt“
Wer demonstriert da alles bei „Wir haben es satt“ Hand in Hand zusammen, die Heinrich-Böll-Leute, die veganen Tierfilmer, der BUND, und ….. und alle machen den Leuten was anderes vor, nur nicht die Realität, es sei denn, man wird dazu gezwungen? Die Bioverbände schaden sich mit ihrem Heile-Welt-Bildern langfristig selbst sehr stark, sie schaden nicht nur diejenigen, denen sie Vorwürfe machen, sie hätten diese heile Welt nicht. Ich habe keine Sympathie für die Tierschutzabteilungen der Vegan-Fundis, aber mehr Schaden für das Gemeinwohl haben die Scheinheiligen angerichtet, die zum eigenen materiellen und/oder geistigen Nutzen dem Volk vorspielen, sie könnten so was wie Bullerbü aus dem Kinderfernsehen real machen und dazu ständig Fake-Bilder aus ihrer schein-heilen Welt für die Medien raffiniert inszenieren. Gegenüber dem, was allen, ALLEN, Kunden in den Hermannsdorfer-Läden vorgespielt wurde, kommt eine absichtsvolle Täuschung hervor. Dass alle Verkäufer in den Läden was anderes sagen, als der Chef ihnen lehrt, wer das glaubt, zieht sich die Hosen wohl auch mit der Kneifzange an. Soll hier das „schmutzige“ Schweine-Geld aus dem Hertha-Wurstfabrik-Verkauf geheiligt werden? Welch groteske Show wird hier dem Publikum geboten, mit Schweinen die noch wie früher eine völlig unnachhaltige Futterverwertung haben? Wer sich je über die „Verluste“ durch die Fütterung aufgeregt hat, soll hier mal nachmessen und vergleichen, was für die dicken Speckmäntel an Bio-Futter für ein Kilo Lebendgewichtszuwachs verbrauchen im Vergleich zu Konvi-Schweinen. Und dass die Leute 3cm Speckrand vom Kotelett nicht wegwerfen, das glaubt auch nur noch, wer schon gehirngewaschen ist. Gerade das reale Bio bei Huhn und Schwein ist immer ein Kompromiss, der auch unschöne Bilder hat, weil es nie so ideal wie in den Prospekten läuft, das müßte man den Leuten auch sagen. Es ist, wie konvi, immer das Bestreben, unter den gegebenen Bedingungen das Verantwortbare zu tun. Bio hat das Problem, dass es immer an den Prospektbildern der eigenen Werbetrupps gemessen werden wird, das wird umso mehr Stress geben, je größer Bio wird. Diese Grube wurde von den Bio-Demagogen eigentlich für die Konvis gegraben.
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