In der Veterinärmedizin etabliertes Maßnahmenpaket greift – Vorbeuge stärker in den Mittelpunkt rücken
Bonn (BfT) – „Die Wirksamkeit von Antibiotika aufrechtzuerhalten ist essentiell – für Mensch und Tier. Der nun von der Bundesregierung vorgelegte Evaluierungsbericht bestätigt die wachsende Aufmerksamkeit auf eine sorgsame Antibiotikaanwendung bei Tieren und zeigt deutlich, wie in der Veterinärmedizin etablierte Maßnahmen greifen“, betont Dr. Schüller, Geschäftsführerin des Bundesverbandes für Tiergesundheit e.V. (BfT). „Um das Instrument auch künftig sinnvoll zu nutzen, sollte nachjustiert werden. Vor allem sollte nun die Krankheitsvorbeuge in den Mittelpunkt gerückt werden.“
Die mit der 16. AMG-Novelle eingeführte Bestimmung des Therapiehäufigkeitsindex hat die seit einigen Jahren bereits rückläufige Anwendung von Antibiotika bei Nutzieren deutlich forciert. In 2014 allein kam es zu einem Rückgang der oralen Applikation um fast 30%. Seit 2011 ging laut der offiziellen Mengenerfassung die Anwendung um fast 60% zurück.
Wie der Bericht resümiert, erstreckt sich die erreichte Reduktion der Antibiotikaverbrauchsmengen über alle Wirkstoffklassen. Bei Fluorchinolonen und Cephalosporinen der 3. und 4. Generation wurde bestätigt, dass deren Anteil an der Gesamtverbrauchsmenge durchgehend sehr gering war. Eine weitere Schlussfolgerung ist, dass die auf langwirksame Präparate entfallende Verbrauchsmenge konstant mit lediglich unter 1 % der Gesamtverbrauchsmenge blieb. „Dies zeigt,“ so Dr. Schüller, „dass diese Tierarzneimittel nicht verstärkt eingesetzt wurden, um die Therapiehäufigkeit zu senken, sondern weiterhin als moderne Instrumente mit hoher therapeutischer Compliance genutzt werden.“
Der Evaluierungsbericht zum Antibiotikaminimierungskonzept erfasst dabei nur die Datenlage bis zur 2. Hälfte 2017. Effekte weiterer Maßnahmen zur Antibiogrammpflicht und zulassungskonformen Anwendung von Antibiotika beim Tier gemäß Anpassung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung, die zu Beginn 2018 eingeführt wurden, sind noch nicht berücksichtigt. Die für den humanmedizinisch als wichtig eingestuften Stoffklassen Cephalosporine der 3. und 4. Generation und Fluorchinolone sind mit der Änderung der tierärztlichen Hausapothekenverordnung nochmals besonders reguliert. Erwartet wird, dass bei der Erfassung der Verbrauchsmengen in der Tiermedizin die Abnahmen der eingesetzten Antibiotikamengen für diese Stoffklassen bestätigt werden. Diese Mengenerfassung erfolgt seit 2011 und wird durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit jährlich bekannt gemacht und steht in Kürze wieder an.
Um das ganze Spektrum bakterieller Erreger in der Tiermedizin bei den einzelnen Tierarten und für die unterschiedlichen Organsysteme auch künftig abdecken zu können, sind verschiedene Antibiotikaklassen auch in der Tiermedizin erforderlich. Dies ermöglicht den zielgerichteten Einsatz und beugt nicht zuletzt auch der Selektion und Verbreitung von Resistenzen vor.
Vor dem Hintergrund der globalen Herausforderung der antimikrobiellen Resistenz unterstützt die Tiergesundheitsindustrie den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika bei Mensch und Tier. Unter Beachtung der signifikanten Reduktion sowie der weiteren Maßnahmen zur Empfindlichkeitsprüfung vor/unter Therapie und Anwendung gemäß Zulassungsvorgaben muss überprüft werden, inwieweit das aktuelle Modell zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes noch sinnvoll fortgeführt werden kann. Ein Nachjustieren mit Blick auf Maßnahmen für betroffene Betriebe mit betriebsindividueller Kennzahl über dem dritten Quartil, prospektiv nutzbare Maßnahmenpläne, Tiergesundheitsdaten als Entscheidungsgrundlage sowie die Bewertung fester Wirkstoffkombinationen mit synergistischer Wirkung steht dabei im Vordergrund.
Parallel sollte die Qualität des Tiergesundheitsmanagements und damit eine reduzierte Notwendigkeit einer antibiotischen Therapie in den landwirtschaftlichen Betrieben abgesichert werden. Hierzu müssen auch verstärkt Konzepte der Vorbeuge von Krankheiten, z.B. über Impfungen, vorangetrieben werden. Zu erwarten ist, dass zunehmend investitionsintensive Lösungen auf den Betrieben oder strukturelle Maßnahmen erforderlich werden. Daher wären Förder- oder Unterstützungskonzepte von öffentlicher Seite wünschenswert.
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