Tierschutzinitiative: Niedersachsens Agrarministerium räumt gravierende Mängel in der Geflügelhaltung ein +++ Ministerin abwesend
Hannover (aho) – „Es gibt keine Tierschutz-Probleme in Geflügelmastbetrieben in Niedersachsen.“ Gebetsmühlenartig wiederholte Agrarministerin Grotelüschen dies in den vergangenen Monaten als Reaktion auf Kritik von Tierschützern und Medien. Nun hat das niedersächsische Agrarministerium erstmals im nicht öffentlichen Landtags-Agarausschuss gravierende Mängel in der Geflügelhaltung eingeräumt. Bei der Mast von Hähnchen, Puten und bei Legehennen sollten die Bestimmungen verändert und die Kontrollmöglichkeiten verbessert werden, sagte nach einem Bericht der Zeitung „Hannoversche Allgemeine“ der Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke in einer internen Sitzung. Viele bundes- oder EU-weite Vorschriften seien auch im Hinblick auf Tiergesundheit und Tierschutz „kritisch zu bewerten“.
Der Staatssekretär listete eine Reihe von Missstände auf. Puten leiden demnach unter Herz-Kreislauf-Störungen, die Füße des Geflügels sind wegen des durchnässten Einstreus häufig entzündet und bestimmte Federtiere durchleiden die schmerzhafte Prozedur des Schnabelkürzens. Wenn das Land hier, wie geplant, strengere Vorschriften verhängt, könne die Haltung dieser Enten ganz infrage gestellt werden. Ein anderes Problem gibt es bei der Auswahl von Legehennen, weil bisher die männlichen Küken getötet werden. Das solle möglichst bald abgestellt werden, forderte der Staatssekretär in der Ausschusssitzung. Wegen dieser und weiterer Missstände in niedersächsischen Mastbetrieben plant das Agrarministerium nun eine Tierschutz-Offensive, so das Blatt.
Ministerin Grotelüschen nicht dabei
Der Vorgang ist mehr als ungewöhnlich: Seit Monaten verteidigt die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (CDU) die Massentierhaltung vor allem im Bereich der Geflügelzucht. Während die Ministerin aber am Donnerstag auf der weltgrößten Agrarmesse Eurotier in Hannover repräsentierte, redete ihr eigener Staatssekretär und Parteifreund Friedrich-Otto Ripke hinter verschlossenen Türen Klartext. Das sei nichts ungewöhnliches, daran werde seit langem gearbeitet, hieß es einerseits aus der CDU/FDP-Regierungskoalition. Von einem „klaren Dissens“ zwischen Ministerin und Staatssekretär sprechen andere. „Ripke sägt offensichtlich am Stuhl der Ministerin“, sagte ein CDU-Abgeordneter. „Und das gefällt mir gar nicht.“
Die SPD-Fraktion sprach von einem „grotesken Verhalten“ an der Spitze des Ministeriums. „Offensichtlich weiß im Landwirtschaftsressort die linke Hand nicht, was die rechte tut“, erklärte die SPD-Agrarexpertin Andreas Schröder-Ehlers. Auch die Grünen sehen Widersprüche zwischen Ministerin und Staatssekretär. Die FDP forderte mehr Tempo beim Tierschutz in der Geflügelwirtschaft, so die Nordwest-Zeitung.
Mit Überraschung und Unverständnis reagierte gestern die Geflügelwirtschaft auf die Pläne des niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. „Das ist mir völlig neu“, sagte gestern Wilhelm Hoffrogge, Vorsitzender der niedersächsischen Geflügelwirtschaft. „Das ist nicht notwendig“, meinte der Dötlinger, „da es in den meisten Bereichen rechtsverbindliche Verordnungen gebe. Und im Bereich der Puten gibt es freiwillige Vereinbarungen.“ Er bezeichnet die Pläne gegenüber der Oldenburgischen Volkszeitung als reinen „Aktionismus“.
Noch vor einigen Wochen hatte Landwirtschaftsministerin Grotelüschen keinen Handlungsbedarf beim Tierschutz gesehen. „Wir brauchen keine so genannten Tierschützer wie PETA und wir brauchen auch nicht diejenigen, die diese Machenschaften mit solchen Beiträgen dann flankieren…“, sagte Astrid Grotelüschen noch am 18.08.10 im Landtag.
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Pater Brown
Wir brauchen vor allen Dingen keine selbsternannte Putenqueen Grotelüschen!
Dez 13th, 2010
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