Schweiz: Tierärzte verordnen weniger Antibiotika
Bern (aho) – Ähnlich wie in Deutschland geht auch in der Schweiz der Einsatz von Antibiotika in der Veterinärmedizin weiter zurück. Wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BVET) der Schweiz mitteilt, wurden im Jahr 2013 insgesamt 53.384 Kilogramm Antibiotika für die Veterinärmedizin verkauft, 6,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Seit dem Spitzenjahr 2008 beträgt der Rückgang 26 Prozent. Bei gesunden Nutztieren nehmen Resistenzen gegen einzelne Antibiotika zu oder bleiben unverändert hoch, so das BVET in einer Medieninformation.
Mengenmäßig wurden im Jahr 2013 am meisten Sulfonamide vertrieben, gefolgt von Penicillinen und Tetracyclinen. Knapp zwei Drittel der Gesamtmenge werden als Arzneimittelvormischungen (AMV) verkauft.
Der Rückgang beim Vertrieb der Cephalosporine, der erstmals im Jahr 2011 festgestellt wurde, setzte sich auch im Jahr 2013 fort. Der Vertrieb von Cephalosporinen der neuen Generationen ist im Vergleich zum letzten Jahr jedoch leicht angestiegen. Bei den Makroliden wurde eine Zunahme bei den Verkäufen von langwirksamen, einmalig applizierten Injektionspräparaten festgestellt. Die Verkäufe der Fluoroquinolone haben im Jahr 2013 verglichen zum Vorjahr um 15% zugenommen.
Moderne Cephalosporine, Makrolide und Fluorquinolone werden international als kritische Antibiotika höchster Priorität eingestuft (WHO / OIE / FAO), weil diese Wirkstoffgruppen sowohl in der Human- wie auch in der Veterinärmedizin bei der Behandlung von bakteriellen Erkrankungen wichtig sind. Wo und wie oft diese Wirkstoffe eingesetzt werden, kann allerdings anhand der Vertriebsdaten nicht nachvollzogen werden. Dafür müssten Verbrauchsdaten pro Tiergruppe erhoben werden können.
Überwachung der Resistenzentwicklung
Seit 2006 werden in der Schweiz neben den Vertriebsdaten auch die Antibiotika-Resistenzen bei gesunden Nutztieren überwacht. Dabei werden häufig Resistenzen sowohl in Zoonoseerregern als auch in Indikatorkeimen gefunden. Im Schweizer Schweinebestand haben sich in den letzten Jahren MRSA (Methicillin resistente Staphyloccocus aureus) ausgebreitet. Mikrobiologische Resistenzen gegenüber einzelnen wichtigen Antibiotikagruppen nehmen zum Teil zu oder bleiben unverändert hoch.
Humanmedizin
In der Schweiz wird der Konsum von Antibiotika im Kliniken laut Mitteilung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) seit 2007 auf freiwilliger Basis erfasst. Für die systematische Überwachung des Antibiotikaverbrauchs bei Klinikpatienten erhält das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen (Anresis) Verbrauchsdaten der freiwillig teilnehmenden Klinikapotheken, so dass nicht alle Kliniken abgedeckt werden. Im ambulanten Bereich hat das Sentinella-Meldesystem, einem Co-Projekt zwischen engagierten Hausärztinnen und -ärzten und dem BAG, von 2006 bis 2013 Daten zu Antibiotikaverschreibungen gesammelt und werden zurzeit analysiert.
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