Freispruch für Avoparcin: Die Resistenzgene waren im Futter
Vancouver/Berkeley (aho) – Ende der 90iger Jahre sorgten aufsehenerregende Berichte aus dem Robert Koch Institut (Außenstelle Wernigerode) (1) über die Selektion von vankomycinresistenten Darmbakterien bei Schweinen und Hühnern durch den antibiotischen Leistungsförderer Avotan (Wirkstoff Avoparcin) für Furore. Anscheinend wurden diese resistenten Darmbakterien (Enterokokken) dann über die Nahrungskette auf den Menschen übertragen. Dort siedelten sich diese resistenten Keime in der Darmflora des Menschen. Im Einzelfall konnten dann diese Keime zu schwer beherrschbaren Infektionen führen, die auch nicht mit dem Reserveantibiotikum Vankomycin behandelbar waren. Das entstehende Mediengetöse und eine heftige politische Auseinandersetzung führte dann in der Folgezeit zu einem weitgehenden Verbot antibiotischer Leistungsförderer in der EU.
Wissenschaftler der „University of British Columbia“ in kanadischen Vancouver und der „University of California“ im amerikanischen Berkeley kommen jetzt in der Fachzeitschrift „Emerging Infectious Diseases“ zu einer völlig anderen Erklärung. Sie hatten sich die Mühe gemacht und einmal näher hingeschaut. Dabei war ihren aufgefallen, dass als Leistungsförderer ein sogenanntes Feed Grade eingesetzt wurde, in dem neben dem Antibiotikum noch Reste des Bakteriums enthalten war, welches zur Produktion des Antibiotikums Avoparcin genutzt wurde. Das Bakterium trägt die Bezeichnung „Amycolatopsis orientalis C329.2“ und hat ganz natürlich die für die Vankomycinresistenz verantwortlichen Resistenzgene „vanH“, „vanA“ und „vanX“. Und genau diese Resistenzgene konnten die Wissenschaftler im Feed Grade nachweisen. Nach Meinung der Wissenschaftler haben Darmbakterien, bei der Verdauung diese Resistenzgene aufgenommen und in ihr Erbgut eingebaut. So gelangten sie zu einer Resistenz, bei der das Antibiotikum als solches keine ursächliche Rolle spielte. Bei den allermeisten Leistungsförderen wurde in der Vergangenheit keine sogenannten Feed Grades eingesetzt. Es wurde mit Reinsubstanz und einem neutralen Trägerstoff gearbeitet.
Lu K, Asano R, Davies J. Antimicrobial resistance gene delivery in animal feeds. Emerg Infect Dis Vol. 10, No. 4 April 2004
(1) Witte W. Medical consequences of antibiotic use in agriculture. Science. 1998 Feb 13;279(5353):996-7.
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