Landwirtschaft im Visier von Terroristen und Militärs
(aho) Mitglieder des amerikanischen Kongresses und Agrarexperten befürchten eine neue Form des Terrorismus. Danach warnten die Fachleute in einem Gespräch mit Vertretern des US-Staats New Mexico vor einem möglichen Agrarterrorismus, mit dem die Tier – und Pflanzenproduktion und die Nahrungsmittelindustrie lahm gelegt werden könne. Täter könnten versuchen, die Maul- und Klauenseuche unter den Tieren des Landes zu verbreiten oder mit Braunfäule infizierte Saat auf den Felder verteilen. Der Tierarzt Corrie Brown von der Universität von Georgia erklärte, Rinderställe und Hühnerfarmen seien leicht zugänglich und enthielten oft viele Tiere, so dass sich Krankheiten leicht ausbreiteten. Brown warnte, die Seuche und andere Krankheiten könnten Exportschäden in Höhe von etwa 27 Milliarden Dollar zur Folge haben (1).
Kriegsziel Landwirtschaft
Schon im Frieden ist die Sicherung der Welternährung schwer genug, aber was geschieht im Krieg? Britische Friedensforscher recherchierten Erschreckendes über nicht mehr der Geheimhaltung unterliegende Biowaffen-Programme zur Erntevernichtung: Beispielsweise verfolgte die USA bis 1969 ein umfangreiches Biowaffenprogramm. Dann erklärte Nixon, man werde künftig auf den Einsatz von B-Waffen verzichten. Bis dahin waren jedoch über 30.000 kg Pilzsporen eingelagert worden, genug, um alle Weizenbestände der Erde mit Schwarzrost zu infizieren. Spezielle Trägerballons mit Heizeinheiten sollten pflanzenpathogene Pilzsporen leise und lebensfähig auf´s gegnerische Ackerland verfrachten.
Deutschland erforschte zum Zweck der Erntevernichtung im Zweiten Weltkrieg die Kraut- und Knollenfäule sowie den Reisbrand und züchtete Kartoffelkäfer, die im Juni 1944 einsatzbereit waren – zu spät allerdings, um die britische Ernte im selben Jahr zu vernichten. Auch Frankreich experimentierte mit Schadinsekten und mit dem Erreger der Kartoffelfäule. Großbritannien konzentrierte sich dagegen auf chemische Herbizide und bahnte damit letztlich den Weg für den Einsatz des Entlaubungsmittels Agent Orange in Vietnam durch die USA.
Der Irak arbeitete bis in die 90er Jahre an Botulismuserregern und Aflatoxinen sowie an Brandpilzen der Gattung Tilletia, die bei Weizen zu Steinbrand und massiven Ernteverlusten führt. Daneben bildet Tilletia ein leicht entzündliches Trimethylamin-Gas, das die Erntemaschinen sprengt, ein “militärisch interessanter Nebeneffekt”.
Leicht zu beschaffen
Erntevernichtende Pflanzenpathogene sind leicht zu beschaffen und lautlos auszubringen, sie vermehren sich selbsttätig über viele Monate, ihre Sporen verbreiten sich so leicht wie Rauch. Sie lassen sich in gewissen Grenzen auf die jeweiligen Sorten der gegnerischen Nutzpflanzen “maßschneidern”, um die eigene Ernte nicht zu gefährden. Damit sind auch Länder, die sich keine Atomsprengköpfe leisten können, in der Lage, potente Waffen herzustellen, die zu verheerenden Hungersnöten und enormen wirtschaftlichen Schäden beim Gegner führen (2).
(1) USA-Politiker fürchten ‚Agrar-Terrorismus‘, @grar.de Aktuell vom 04.12.1999
(2) Rogers P et al: Erntevernichtende Bio-Waffen. Spektrum der Wissenschaft 1999/Oktober/S.72-77