Gentechnologie: Zum Mäuse-Melken
(aho/eule) Für die gentechnische Produktion von Medikamenten funktionieren Biotechnologen bislang vorzugsweise die Euter von Kühen um: Nach dem erfolgreichen Einbau der entsprechenden Gene wird der erwünschte Wirkstoff in die Milch abgegeben, die sich leicht gewinnen läßt. Allerdings dauert es Jahre, bis eine Färse die erste Milch gibt, und die Haltung von Rindern ist aufwendig und teuer. Ein französisches Team von Reproduktions-Spezialisten suchte daher nach alternativen Körperflüssigkeiten – und kam auf die Idee, statt weiblicher Milchdrüsen lieber die männlichen Sexualdrüsen zu bearbeiten.
Es gelang tatsächlich, das Gen für das menschliche Wachstumshormon hGH in Mäuseriche zu verpflanzen. Allerdings standen die Experten nun vor einem praktischen Problem: Zwar gibt es Melkmaschinen für die Euter von Milchkühen, doch mangelt es bislang an „effizienten Technologien zur Gewinnung von Mäuse-Ejakulat“.
Also mußten doch wieder die Weibchen ran und den Gen-Mäuserichen ihre wertvolle Arzneimittelfracht auf dem natürlichsten aller Wege entlocken. Aus der Vagina der Weibchen konnten die Spezialisten dann die sehnsüchtig erwarteten edlen Tropfen herausfummeln. Sie enthielten pro Milliliter ein halbes Gramm des Wachstumshormons.
Doch die Experten denken weiter: Nach ihren Erfahrungen bieten sich Eber alsAlternative zur Maus an, denn sie sind innerhalb von vier Monaten geschlechtsreif und liefern dann „Samen auf kontinuierlicher Basis“: Dreimal pro Woche schafft´s der Eber, jedesmal einen viertel Liter. Da die „Gewinnung und das Handling von Ebersamen ein bewährter Prozeß ist, der in großem Stil weltweit betrieben“ wird, glauben die Forscher, mit ihrer Methode den Wunsch nach gentechnisch erzeugten Arzneimitteln besser befriedigen zu können.
Quelle: Nature Biotechnolgy 1999/17/S.1087-1090