Antibiotika: Vorbild Ameise
(eule) – Während der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast vor allem wegen der Entstehung von Resistenzen kritisiert wird, haben Blattschneiderameisen das Problem längst im Griff. Sie praktizieren seit Jahrmillionen eine Form der „Landwirtschaft“, bei der sie regelmäßig Antibiotika verwenden – offenbar ohne nachteilige Folgen. Die Ameisen züchten auf fein zerkleinertem Blattmaterial Pilze (Lepiotaceae), die sie ernten und an ihre Larven verfüttern. Auch diese Monokulturen sind durch Schädlinge bedroht. Vor allem der parasitische und hochvirulente Pilz Escovopsis kann in kurzer Zeit die gesamte landwirtschaftliche Produktion der Ameisen zerstören. Um den Parasiten unter Kontrolle zu halten, benutzen die Ameisen gezielt Antibiotika. Dafür siedeln sie auf ihrem Chitinpanzer spezielle Bakterien der Gattung Streptomyces an. Vertreter dieser Gattung produzieren einen erheblichen Teil der bisher bekannten Antibiotika wie Tetracycline, Streptomycine und Chloramphenicol. Der nun auf den Ameisen entdeckte Streptomycet wirkt hochspezifisch gegen Escovopsis. Zugleich stimuliert er in den Pilzgärten das Wachstum der angebauten Kulturen, ein Effekt, der an die leistungsförderliche Wirkung von Antibiotika in der Kälber – und Schweinemast erinnert. Erstaunlich ist, daß bisher keine Resistenzen beobachtet wurden, schließlich praktizieren die Ameisen diese Form der Nahrungserzeugung seit mutmaßlich 50 Mio Jahren. Als Grund wird angenommen, daß die Bakterien im Lauf der Evolution die Struktur ihrer Antibiotika ändern können. Die moderne Landwirtschaft nutzt dagegen die immer gleichen Produkte der pharmazeutischen Industrie.
Quelle:
Wilkinson DM: Ants, agriculture and antibiotics. Trends in Ecology and Evolution 1999/14/S.459-460