Tiermehl neue Herausforderung für die Abfallwirtschaft
Hannover (aho) – Das voraussichtlich ab kommenden Samstag bundesweit geltende Verbot des Verfütterns und Exportierens von Tiermehl stelle die niedersächsische Abfallpolitik vor neue Herausforderungen. Sie könne nur durch ein konstruktives Zusammenwirken aller Beteiligten gemeistert werden, erklärte Umweltminister Wolfgang Jüttner am heutigen Donnerstag vor Journalisten in Hannover. Dazu würden bereits seit Anfang der Woche intensive Gespräche mit den Betreibern von Tierkörper-Beseitigungsanlagen (TKB), Futtermittel-Herstellern sowie den Betreibern von Entsorgungsanlagen und Kraftwerken geführt. „Wir werden alles tun, um eine schadlose Entsorgung sicherzustellen“, fügte Jüttner hinzu: „Nach eingehender Prüfung aller Alternativen hat sich für die zur Zeit vorhandenen Mengen die Verbrennung als der einzig gangbare Weg herausgestellt.“ Für die Zukunft seien die TKB jedoch gefordert, neue Tiermehl-Abfälle erst gar nicht entstehen zu lassen. Das sei beispielsweise durch die energetische Verwertung in geschlossenen Kreisläufen möglich. Geeignete und für Tiermehl genehmigte Anlagen stünden in Hameln und Buschhaus bei Helmstedt zur Verfügung, erläuterte der Minister weiter. Auch im Braunkohlekraftwerk Buschhaus sei es technisch möglich, Tiermehl zu verbrennen. Die Genehmigung für einen leistungsfähigen Erprobungsbetrieb werde zügig auf den Weg gebracht. „Tiermehl und damit vermischte Futtermittel sind eindeutig keine gefährlichen Abfälle“, stellte Jüttner klar: „Durch die in Deutschland vorgeschriebene Behandlung ist kein infektiöses Material enthalten.“ Das eigentliche Problem seien die in Niedersachsen vorhandenen Mengen, die damit verbundenen Transporte und notwendigen Zwischenlagerungen bis zur Beseitigung, sagte der Minister. Die größten Mengen an zu entsorgendem Material lagern derzeit bei den Futtermittelwerken und dem Handel; erste Schätzungen gehen von 50.000 bis 70.000 Tonnen aus. Hinzu kommen die Lagerbestände der niedersächsischen TKB, die bislang rund 270.000 Tonnen Tiermehl pro Jahr produzieren. Material, das nicht unmittelbar verbrannt werden kann, muß daher zwischengelagert werden. Dafür kommen geeignete Hallen, sogenannte „Big Bags“, aber auch Binnenschiffe oder Eisenbahnwaggons in Frage. Die zusätzlichen Kapazitäten zur Tiermehl-Verbrennung liegen in der Hamelner Anlage bei ca. 200 Tonnen pro Woche. Die Müllverbrennung BKB Buschhaus kann dagegen täglich 100 Tonnen aufnehmen. Darüber hinaus könnte das Kraftwerk Buschhaus noch 300 Tonnen pro Tag bewältigen. „Diese Zahlen zeigen, daß unsere Sofort-Verbrennungskapazitäten in Niedersachsen nicht ausreichen. Die Bezirksregierung prüfen daher im Moment weitere Alternativen, zum Beispiel die Mitverbrennung in Kraftwerken und Zementwerken“, sagte der Minister. Sollten sich hier Möglichkeiten ergeben, werde er auf die Anlagenbetreiber zugehen. Auch müßten Wege gefunden werden, Anlagen in anderen Bundesländern – etwa in Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen – zugänglich zu machen. Minister Jüttner hob hervor, daß auch weiterhin Tiermehl anfallen würde, allein schon durch die ordnungsgemäße Beseitigung verendeter Tiere. Auch in den Schlachthöfen gebe es künftig Abfälle, die entsorgt werden müßten. Die Aufrechterhaltung des Schlachtbetriebes sei unabdingbar für die Nahrungsmittel-Produktion. Daher sei es wichtig, nach alternativen Verwertungsmöglichkeiten der zur Zeit rund 5.000 Tonnen Tiermehls wöchentlich zu suchen. „Einige TKB-Betreiber arbeiten schon intensiv an Konzepten, Tiermehl in den eigenen Anlagen zur Energieerzeugung einzusetzen. Damit wäre das Abfallproblem weitgehend gelöst.“