Kommentar zur Mycotoxin-Problematik: Beispielhaft
Von Hubert Grote, Bonn
„Die Wirtschaft sollte bestehende Probleme selbst angehen und nach Möglichkeit lösen, bevor der Staat regulierend durch Verordnungen eingreift und dadurch die zweitbeste Lösung schafft.“
Dieser Grundsatz wird auch von Politikern häufig postuliert. Ihm folgte der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) mit der Durchführung eines eintägigen Seminares zum Thema „Mykotoxine in einheimischen Futtermitteln“ Mitte November diesen Jahres in Würzburg.
Die Mykotoxin-Problematik ist besonders deutlich bei Getreide aus der Ernte 1998 geworden. Unabhängig davon haben in den letzten Jahren einige Faktoren dazu beigetragen, dass die Mykotoxin-Belastung in heimischen Futtermitteln generell zugenommen hat. Getreide und – nachprodukte stehen im Mittelpunkt des Interesses, da diese über 40 Prozent am gesamten Rohwarenbedarf der deutschen Mischfutterhersteller ausmachen.
Zu berücksichtigen ist ferner das Problembewusstsein, verstärkt durch neue Forschungsergebnisse. Unter den zahlreichen Fusarientoxinen sind bei uns Zearalenon (ZEA) und Deoxynivalenol (DON) besonders kritisch. Es ist zwar beruhigend, dass ein carry over dieser Toxine in Lebensmitteln tierischer Herkunft praktisch nicht stattfindet, es bleiben jedoch der direkte menschliche Verzehr und die negative Leistungsbeeinflussung beim Tier. Nicht zuletzt durch die Schaffung von „Orientierungswerten“ durch die Wissenschaft, herausgegeben vom BML, werden die Mischfutterhersteller noch mehr als in der Vergangenheit darauf achten, dass Partien, die nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet sind, nicht über die Fütterung „entsorgt“ werden. Das gilt auch und gerade für Kleien. Die im Rahmen des EU-Weißbuchs vorgeschlagene Aufhebung der Verschneidungs- möglichkeit bei unerwünschten Stoffen macht die Tragweite dieses Problems deutlich.
Die Seminarthemen umspannten den Bogen von grundlegender Information zur Bedeutung und Bewertung der Fusarientoxine, über die schädigenden Wirkungen der Pilzgifte bei der Nutztierfütterung bis hin zu wirksamen Maßnahmen einer Reduzierung von Mykotoxinen im Getreide. Dank umfang- reicher Forschungen seit Ende der 80er Jahre sind heute die wesentlichen Risikofaktoren bei der Erzeugung bekannt. Deshalb ist es erfreulich, dass die Vertreter des bäuerlichen Berufsstandes angekündigt haben, in ihren Reihen verstärkt Sachaufklärung zu betreiben. Das wird viel Überzeugungsarbeit auch durch die Beratungseinrichtungen erfordern, zumal die derzeitige Energieverteuerung vermehrt Veranlassung für den pfluglosen Getreideanbau sein dürfte. Die nicht wendende Bodenbearbeitung nach Mais als Vorfrucht scheint der Hauptrisikofaktor zu sein, der auch vor dem Hintergrund der Einbeziehung der Primärproduktion in die Produkthaftung angegangen werden muss.
Auch die Probleme der Praxis wurden in dem Seminar herausgearbeitet: Solange keine aussagefähigen Schnellanalysemethoden vorhanden sind, kann die aufnehmende Hand keine definitive Entscheidung über Annahme oder Ablehnung einer Getreidepartie treffen. Hier muss weiter geforscht werden. Die vorhandenen Methoden eignen sich aber immerhin für ein Vorscreening und müssen genutzt werden.
Erfreulich problembewußt hat sich in der Veranstaltung die Vertretung der Mühlen gezeigt. Das Thema „Aspirationsstäube“ ist von der Mischfutterbranche wiederholt angesprochen und kritisch hinterfragt worden. Die laufenden Untersuchungen werden weiteren Aufschluss auch zur notwendigen Verfahrensweise bringen.
Fazit: Das Seminar hat verdeutlicht, dass alle Beteiligten in der Lebensmittelkette – unterstützt von der Wissenschaft – an einen Tisch gehören und die gemeinsame Herausforderung aufgreifen müssen. Mit Getreide und den Nebenprodukten ist ein Anfang gemacht. Er muss beispielhaft für andere Sektoren des Zulieferbereichs für die Mischfutterbranche angesehen werden.
KRAFTFUTTER / FEED MAGAZINE Aktueller Kommentar des Monats Dezember