Kommissar Byrne kritisiert deutsche Informationspolitik zu BSE
David Byrne ruft die Bundesregierung auf, Fleischprodukte die potentiell gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe aufweisen, vom EU-Markt und Drittstaatenmärkten zurückzuziehen.
(aho) – Gesundheits- und Verbraucherschutzkommissar Byrne hat die Bundesregierung aufgerufen, umgehend alle anderen Mitgliedstaaten über die national ergriffenen Maßnahmen zur Wahrung des Gesundheits- und Verbraucherschutzes im Zusammenhang mit BSE-Risikomaterialien zu informieren. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die freiwillige Rückrufaktion der Bundesregierung vor dem 1. Oktober 2000 von Produkten, die sogenanntes Separatorenfleisch beinhalten. „Ich begrüße diese Vorsichtsmaßnahmen aber ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, daß diese Maßnahmen auch auf alle Fleischprodukte und -zubereitungen angewendet werden müssen, die in andere Mitgliedstaaten und dritte Staaten exportiert werden.“
Die Kommission verlangt darüber hinaus unzweifelhafte Belege, daß alle als Risikomaterial spezifizierte Materialien, die als gesundheits- gefährdend eingestuft wurden, nicht nur aus der Verbraucherkette in Deutschland sondern auch aus den Exportmärkten herausgenommen wurden.
„Mein besonderes Anliegen ist es, daß auch den Konsumenten in den anderen Mitgliedstaaten das gleiche Niveau an Verbraucherschutz garantiert werden kann wie in Deutschland. Wenn das nicht durch die Behörden in Deutschland geleistet werden kann, sieht sich die Kommission dazu gezwungen gemeinschaftsweite Sicherheitsmaßnahmen einzuführen, die die Beseitigung von potentiellem Risikomaterial im Binnenmarkt sicherstellen,“ schloß David Byrne.
Die Kommission bestätigt hiermit Medienstimmen die berichten, daß zwischen dem 25. und 29. September in Deutschland Inspektionen des EU-Veterinäramtes stattgefunden haben. Die Inspektoren besuchten überwiegend Betriebe in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Ein erster Bericht wurde den deutschen Behörden vor zwei Tagen übermittelt. Die offizielle Version wird den betroffenen Dienststellen heute zur Stellungnahme übermittelt. Die Kommission erwartet eine umgehende Antwort. Sobald die offizielle Stellungnahme der deutschen Behörden eingegangen ist, wird diese in den Bericht mit aufgenommen und kurz darauf im Internet veröffentlicht.
Die Untersuchungen der EU-Behörde beschränkte sich auf
o epidemologische Überwachung der BSE-Erreger o Identifikationssysteme der Tiere o Kennzeichnung von Futtermittel aus Fleisch- und Knochenmehl o die Einhaltung des Verbots zur Fütterung von Fleisch- und Knochenmehl an Wiederkäuer
Vorläufige Ergebnisse und Befunde der Inspektionen wurden den deutschen Dienststellen bereits auf einem abschließenden Treffen am 29. September mitgeteilt.
Die Ergebnisse des Berichts werden zur Zeit mit den deutschen Behörden erörtert.
David Byrne erinnerte auch daran, daß seinerzeit alle Mitgliedstaaten in den Evaluierungsprozeß des Wissenschaflichen Lenkungsausschusses der EU aktiv mit einbezogen worden sind, um die Risiken in den einzelnen Ländern zu spezifizieren. Ein erster Entwurf dieser Ergebnisse wurde bereits im Juli diesen Jahres veröffentlicht und ging auch schon im März 1999 an die betroffenen Dienststellen des deutschen Landwirtschafts- ministeriums. Seit dieser Zeit ist die Bundesregierung bereits mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen diesen Berichts vertraut, daß „es wahrscheinlich ist, auch wenn es derzeit noch nicht bestätigt ist, daß es BSE-Fälle in Deutschland gibt“. „Bundeskanzler Schröder scheint mit dieser Erkenntnis nicht vertraut gewesen zu sein als er gestern äußerte, daß EU-Experten Deutschland zu lange als BSE-frei einstuften,“ so Kommissar Byrne.
EU – Presseinformation, Berlin/Brüssel, 22.12.00 um 16:02