Flath: BSE-Bekämpfung hat oberste Priorität
Sachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister Steffen Flath hält die Diskussion über eine zukünftige Agrarpolitik zum jetzigen Zeitpunkt der BSE-Krise für verfrüht. Er fordert eine Rückkehr zu einer sachbezogenen Politik. „Wir müssen erst Sicherheit schaffen, dann können wir über eine Neuausrichtung in der Agrarpolitik reden“, sagte Flath am Dienstag, 16. Januar, in Dresden. Er bedauerte, dass die für kommenden Donnerstag anberaumte Agrar- und Umweltministerkonferenz in Potsdam abgesagt worden sei. Hier hätten Antworten auf drängende Fragen und bundeseinheitliche Regelungen zum Umgang mit der BSE-Krise gefunden werden können. Viele Fragen sind nach Ansicht von Flath noch ungeklärt. Dazu gehöre unter anderem die Entsorgung der verbotenen Futtermittel. Darüber hinaus verlangte er ein dauerhaftes Tiermehlverbot in der EU nach deutschem Vorbild. „Die Bundesregierung ist aufgefordert, das deutsche Modell europaweit durchzusetzen“, so Flath. Ferner müssten dringend Maßnahmen der Marktentlastung ergriffen werden, bevor der Rindfleischmarkt vollends zusammenbreche. Laut Flath seien zudem kurzfristige Liquiditätshilfeprogramme für die Land- und Fleischwirtschaft notwendig. Er nannte in diesem Zusammenhang die Bund-Länder-Vereinbarung zur Dürrehilfe als Vorbild. Die derzeitig Diskussion über die Herdentötung bei Auftreten eines BSE-Falles mache deutlich, das Deutschland ein BSE-Bekämpfungsgesetz benötige. Ein unterschiedlicher Umgang mit dem Rinderwahnsinn führe nicht zu einer Stärkung des Verbrauchervertrauens. Flath wollte einen Kurswechsel in der Agrarpolitik zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausschließen. Dieser sei schon allein aus zwei Gründen notwendig: Nicht erst seit BSE stecke die Landwirtschaft in einer tiefen Vertrauenskrise und stehe unter Rechtfertigungsdruck. Zudem sei angesichts der WTO-Verhandlungen und der EU-Osterweiterung ein Kurswechsel ohnehin geboten. Er warnte jedoch vor eine Ideologisierung der Debatte. Die Vorstellung, die so genannten „Agrarfabriken“ hätten die BSE-Krise begünstigt, sei durch die bisher aufgetretenen BSE-Fälle nicht bestätigt worden. Förderobergrenzen nach landwirtschaftlichen Betriebsgrößen lehnte er strikt ab. Die Kritik an einer industriellen Agrarwirtschaft sei jedoch in einem Punkt berechtigt. Die Nachfrage nach immer billigeren Lebensmitteln habe zu einem unterträglichen Rationalisierungsdruck in der Landwirtschaft geführt. Der Qualitätsgedanke habe darunter gelitten. „Deshalb müssen wir wegkommen vom Diktat der Preise“, so Flath. Das setze voraus, dass der Verbraucher sich von seiner Doppelmoral verabschiede. „Auf der einen Seite nach sicheren Produkten aus artgerechter und umweltschonender Erzeugung zu rufen und auf der anderen Seite vorwiegend nach Billigstprodukten zu greifen, passt nicht zusammen“, sagte Flath. Der Minister hielt es für berechtigt, bei Überlegungen über eine zukünftige Agrarpolitik den Verbraucherwünschen oberste Priorität einzuräumen. „Die alte Weisheit `Der Kun-de ist König´ ist in der Vergangenheit in der Landwirtschaft zu wenig beachtet worden“, so Flath. Die Forderung nach einer „Gläsernen Produktion“ sei daher folgerichtig. Das heiße aber auch, dass der Produzent und Verarbeiter die Sicherheit habe, dass die Betriebsmittel „gläsern“ erzeugt seien. Sachsen werde sich deshalb für eine offene Dekla-ration der Futtermittel und einer Verschärfung des Futtermittelrechtes bezüglich unerwünschter Inhaltsstoffe einsetzen. Ferner sprach sich Flath für einen Ausbau der vertikalen Kooperation aller Stufen von der Produktion, Verarbeitung und Handel aus. Flath sieht in der Forderung nach einer Verknüpfung von Ausgleichszahlungen mit der Einhaltung von Umweltstandards in der Landwirtschaft den sächsischen Kurs bestätigt. Er verwies auf das Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft“ und auf die „Umweltallianz Land- und Forstwirtschaft“. Einen marktgerechten Ausbau des ökologischen Landbaus auf zehn Prozent der Fläche innerhalb von fünf Jahren habe Sachsenbereits vor zwei Jahren als Ziel vorgegeben. „Wir haben schon lange verstanden“, sagte Flath. Nachhaltige Landwirtschaft müsse auch wettbewerbsfähig sein, so der Minister weiter. Deshalb seien EU-weite Regelungen der Vorzug zu geben vor deutschen Alleingängen.