Neue Bestimmungen über tierische Nebenprodukte
Brüssel – Der für Gesundheit und Verbraucherschutz zuständige EU-Kommissar David Byrne begrüßte heute die Zustimmung des Europäischen Parlaments zu einer Verordnung, die festlegt, was mit tierischem Material, das aus der Lebensmittelherstellungskette ausgeschlossen ist, geschehen muss bzw. darf. Vorgesehen sind auch neue Entsorgungsmöglichkeiten wie die Umwandlung in Biogas. Nur Material von Tieren, die nach einer tierärztlichen Untersuchung für genusstauglich befunden wurden, darf zur Herstellung von Futtermitteln verwendet werden. Die Verordnung verbietet ferner jede Form von „Kannibalismus“ innerhalb von Tierarten.
„Die Vorschriften für Futtermittel sind nun genauso streng wie die für Lebensmittel, und dies stellt einen Meilenstein dar in der Verhütung futtermittelbedingter Lebensmittel- krisen wie BSE oder Dioxinverseuchung. Die Verordnung legt transparente, umfassende und unmittelbar geltende rechtliche Rahmenbedingungen fest, die eine Reihe von Bestimmungen ablösen und vereinfachen, welche sich über mehr als ein Jahrzehnt hinweg entwickelt hatten. Es handelt sich um einen weit reichenden und ehrgeizigen, auf wissen- schaftlichen Erkenntnissen basierenden Rechtstext, der ein konkretes Beispiel dafür ist, dass wir der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit allerhöchste Priorität einräumen. Grundlage ist das vorrangige Prinzip, vom Erzeuger bis zum Verbraucher Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, und zwar durch strenge Bedingungen, die für die gesamte Lebensmittel- und Futtermittelherstellungskette gelten und Sicherheit bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung, Handhabung, Verarbeitung, Verwendung und Entsorgung tierischer Nebenprodukte verlangen“, so Byrne.
Hauptziel der Verordnung ist die Verbesserung der veterinär- rechtlichen Vorschriften über tierische Nebenprodukte (das sind diejenigen Teile des Schlachtkörpers, die nicht vom Menschen verzehrt werden), damit sie ihrer grundlegenden Aufgabe gerecht werden, europaweit ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Durch Futtermittel ausgelöste Lebensmittelkrisen wie BSE oder Dioxinverseuchung deuten auf Mängel bei den Kontrollen im Futtermittelsektor hin.
Sichere Entsorgung tierischer Nebenprodukte
Die Verordnung baut auf früheren EU-Maßnahmen auf, mit denen die Verwendung verendeter Tiere, spezifischen Risikomaterialien (SRM) und sonstigen konfisziertem Materials in Futtermitteln verboten und die Druckbehandlung von Säugetiermaterial, das für Futtermittel bestimmt war, vorgeschrieben wurde. Sie ordnet die tierischen Nebenprodukte nach dem potentiellen Risiko für Tiere, Menschen und Umwelt in drei Kategorien ein und schreibt vor, wie jede Kategorie zu entsorgen ist.
Material der Kategorie 1 (das sind die tierischen Nebenprodukte mit dem höchsten Risiko, wie TSE, Scrapie oder Rückstände verbotener Stoffe (z. B. wachstumsfördernde Hormone oder Umweltkontaminanten wie Dioxin und PCB)) muss vollständig als Abfall entsorgt werden, und zwar durch Verbrennung oder Verbringung auf Deponien nach entsprechender Hitzebehandlung.
Unter Material der Kategorie 2 werden tierische Nebenprodukte verstanden, die das Risiko anderer Krankheiten bergen (z. B. im Betrieb verendete Tiere oder Tiere, die im Rahmen von Maßnahmen zur Krankheitseindämmung im Betrieb getötet werden oder bei denen Rückstände von Tierarzneimitteln möglich sind). Sie dürfen nach entsprechender Behandlung für andere Zwecke als der Futtermittelherstellung verwendet werden (z. B. Biogaserzeugung, Kompostierung, Fettverarbeitung).
Nur Material der Kategorie 3 (das sind Nebenprodukte gesunder Tiere, die zum menschlichen Verzehr geschlachtet wurden) dürfen – nach angemessener Behandlung in zugelassenen Verarbeitungsbetrieben – zur Herstellung von Futtermitteln verwendet werden.
Die Verordnung schreibt ferner zuverlässige Systeme für die Verfolgung, Identifizierung und Kennzeichnung bestimmter Materialien vor, die für bestimmte Entsorgungs- verfahren vorgesehen sind (z. B. Verbrennung von Fleisch- und Knochenmehl), um Betrug und das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung verbotener Produkte in Lebens- und Futtermitteln zu verhindern.
Verbot der Verfütterung innerhalb ein und derselben Tierart (Kannibalismus)
Die Verordnung weitet das bislang für Wiederkäuer geltende Verbot der Verfütterung innerhalb ein und derselben Tierart (sog. Kannibalismusverbot) auf andere Tierarten aus. Davon unberührt bleibt das derzeitige vollständige und EU-weit geltende Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Nutztiere, das unbefristet in Kraft bleibt. Die Verordnung enthält jedoch eindeutige Sicherheitsvorschriften für die Herstellung von Tiermehl für den Fall, dass seine Verwendung in Futtermitteln für Nichtwiederkäuer wie Geflügel und Schweine jemals wieder zugelassen werden sollte.
Küchenabfälle
Die Verwendung von Küchenabfällen in Futtermitteln für Schweine und Geflügel steht zwar nicht im Mittelpunkt der Verordnung, aber nahezu alle Mitgliedstaaten äußerten große Besorgnis über diese Fütterungspraxis und einigten sich vergangenes Jahr darauf, sie mit der revidierten Richtlinie über die Schweinepest zu verbieten. Die Verfütterung von Küchenabfällen war Ursache einer Reihe epidemisch aufgetretener schwerer Tierkrankheiten, unter anderem dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche letztes Jahr im Vereinigten Königreich. Der Landwirtschaft und anderen Wirtschaftszweigen entstanden dadurch enorme Verluste. Die heute erlassene Verordnung ist flexibel und sieht die Möglichkeit vor, dass bestimmte Mitgliedstaaten das Verbot der Verwendung von Küchenabfällen der Kategorie 3 in Futtermitteln für einen Zeitraum von höchstens 4 Jahren befristet lockern dürfen – allerdings nur unter bestimmten, streng kontrollierten Bedingungen, die der Ständige Ausschuss der Kommission für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit in Kürze festlegen wird.
Das weitere Vorgehen
Die Kommission wird sich nun auf die Erarbeitung der Durchführungsbestimmungen konzentrieren (z. B. Genehmigung alternativer Entsorgungsverfahren, Ermöglichung der Verwendung innerhalb derselben Art bei Fischen und Pelztieren, Fütterung von Geiern usw.) wie auch auf eine Reihe von Übergangsmaßnahmen, bevor die Verordnung wirksam wird, nämlich sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.