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Studie: 11. AMG-Novelle belastet kleine Betriebe überproportional

Bakum (aho) – Anläßlich des 21. Bakumer Fachgesprächs am Samstag den 26. April 2003 stellten Prof. H. Grygo von der Fachhochschule Osnabrück und Prof. Th. Blaha von der Außenstelle der Tierärztlichen Hochschule Bakum einer Studie zur Analyse des Mehraufwandes durch die 11. Novelle des AMG vor. Die Rechtsnovelle fordert vom Tierarzt einen erhöhten zeitlichen Aufwand für eine erweiterte Dokumentation der Behandlungen und eine erhöhte Besuchsfrequenz auf den Betrieben. Wie die Referenten darlegten, werden durch diesen Mehraufwand insbesondere kleine landwirtschaftliche Betriebe benachteiligt. Hier ist der Zeitaufwand bis zu 200% gestiegen. Die tierärztliche Betreuung von Klein- und Kleinstbeständen ist laut dieser Studie aufgrund des zeitlichen Mehraufwandes und der daraus resultierenden Mehrkosten akut gefährdet.

Prof. Blaha und Prof. Grygo hatten in einer Zeitaufwand-Studie zu den tierärztlichen Tätigkeiten in der Nutztierpraxis 45 Tierärzte aus allen Regionen Deutschlands mit 3100 betreuten Nutztierbeständen befragt.

Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1) Der in den Nutztierpraxen erfasste Zeitaufwand hängt in hohem Maße von der Größe der betreuten Bestände ab und weist daher eine vergleichbar große Variation auf, wie die Struktur der Tierhaltungen in Deutschland. Außerdem bestehen große Unterschiede zwischen spezialisierten Rinder-, Schweine- und Geflügelpraxen.

2) Aus den ermittelten Daten lässt sich, in den derzeitigen Praxis- und Bestandsstrukturen, ein durchschnittlicher Mehraufwand von 5 bis 30 Minuten pro Bestandsbesuch sowie von 3 bis 16 zusätzlichen Besuchen je Woche ableiten. Der zusätzliche Zeitaufwand ist in erster Linie bedingt durch die fristendiktierten Wiederholungsdiagnosen auf der Basis einer erneuten Bestandsbegehung (verbunden mit dem jeweiligen Aufwand des An- und Ablegens von Schutzkleidung). Der zeitliche Mehraufwand ist gering bei größeren, regelmäßig und für jeweils längere Zeit besuchten Beständen, aber die bisherigen „Kurzbesuche“ (Klein – und Kleinstbestände) werden bis zu 200% mehr Zeit beanspruchen. Auf das Jahr hochgerechnet wären das, unter Beibehaltung der derzeitigen Klientel, je nach Praxis- und Bestandsstruktur zwischen 28 und 164 Tagen Mehrarbeit pro Tierarzt, und zwar 25 bis 110 Tage durch längere Besuche, 1,5 bis 37,5 Tage durch zusätzliche Besuche (zuzüglich gefahrene Kilometer) und 1 bis 14 Tage durch die Umwidmung von Arzneimitteln.

3) Aus der Zeitstudie ergeben sich folgende Konsequenzen:

a) Eine auf die Sicherung der Tiergesundheit und des Verbraucherschutzes ausgerichtete tierärztliche Betreuung aller derzeitigen Nutztierbestände erfordert aufgrund des höheren Zeitbedarfs für die 1 : 1 – Umsetzung der 11. AMG-Novelle mindestens 20 bis 30 % mehr Tierärzte.

b) Die tierärztliche Betreuung von Klein- und Kleinstbeständen ist aufgrund des zeitlichen Mehraufwandes und der daraus resultierenden Mehrkosten akut gefährdet.

c) Das Ziel der Verringerung des Arzneimittelbedarfes wird dadurch nicht nur nicht erreicht, sondern ins Gegenteil verkehrt, dass aus der generell geforderten Erhöhung der Besuchsfrequenz und der erforderlichen Besuchsdauer in den einzelnen Beständen mit zu behandelnden Erkrankungen ein Zeitmangel zu Ungunsten der auf die Tiergesundheit gerichteten qualifizierten tierärztlichen Beratung und Betreuung (= „integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung“) resultiert.

Aus dieser Analyse des Ist-Zustandes wurden im Verlaufe der Veranstaltung die nachstehenden sechs Schlussfolgerungen gezogen:

1) Die so genannte 7-Tage-Regelung der 11. AMG-Novelle bindet in erheblichem Maße tierärztliche Arbeitszeit, die zur tiergesundheitsorientierten qualifizierten Beratung und Betreuung fehlt. Zur Vermeidung dieses negativen Effektes muss die Arzneimittelabgabe und der Tierarztbesuch flexibel auf den durch die planmäßig kumulativ dokumentierte Bestandsdiagnose determinierten fachlich erforderlichen Bedarf ausgerichtet werden können. Das erfordert eine zielorientierte, fachlich und juristisch abgesicherte Definition der integrierten tierärztlichen Bestandsbetreuung, die eine amtstierärztliche Überwachung gestattet. Inwieweit die „integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung“ direkt oder indirekt und mit diesem Begriff in das AMG aufgenommen werden soll oder kann, ist nicht Gegenstand dieser Schlussfolgerungen, solange das Prinzip der Abhängigkeit der Abgabefristen von der Intensität und Zuverlässigkeit der Tierarzt-Landwirts-Beziehung zum tragen kommt.

Der Erfolg der integrierten tierärztlichen Bestandsbetreuung wird wesentlich bestimmt durch die jeweils zwischen Tierarzt und Tierhalter vertraglich vereinbarte Qualität, Intensität, Zuverlässigkeit, Transparenz und Dokumentation der Maßnahmen. Hierbei sind sowohl die ernormen Strukturunterschiede in der Tierhaltung, als auch die sehr unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Tierarten und Betriebssysteme zu berücksichtigen (z.B. Intensiv- und Extensivtierhaltung).

2) Zur Betonung der Zweiseitigkeit dieser Betreuungsvereinbarung sollte ein Sachkundenachweis des Tierhalters für die ordnungsgemäße Verwahrung und Anwendung von Arzneimitteln einbezogen werden (vergleichbar mit dem im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln geforderten Sachkundenachweis). Die vom Tierarzt zu erfüllenden Anforderungen sollten sich an denen der Schweinehaltungs-Hygieneverordnung orientieren.

3) Wichtiger Bestandteil der vertraglich zu vereinbarenden integrierten tierärztlichen Bestandsbetreuung – als Basis für eine Flexibilisierung der Arzneimittelabgabe – ist ein Evaluierungssystem, das die Einschätzung des Erfolges tierärztlicher Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Bestände und damit eine Effizienzkontrolle des Arzneimitteleinsatzes gestattet. Dieses ist die Grundlage für die angestrebte Verringerung des Arzneimittel- speziell des Antibiotikabedarfs.

4) Aufgrund der Vielzahl von Determinanten für die Tiergesundheit wird es nicht möglich sein, allein mit den Instrumentarien des Arzneimittelgesetzes eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation in den Nutztierbeständen und eine Verminderung des Arzneimitteleinsatzes – speziell des Antibiotikabedarfs – zu erreichen. Dazu bedarf es begleitender Maßnahmen des einzel- und überbetrieblichen Tiergesundheitsmanagements (einschließlich der Überprüfung von Produktionsabläufen).

5) Zur zeitsparenden und lückenlosen aktuellen Information des Tierarztes über die Verfügbarkeit und Zusammensetzung spezifischer Arzneimittel sowie über die Möglichkeiten der Umwidmung ist eine zentrale Internet-Datenbank mit bedarfsgerechten Such- und Sortierfunktionen einzurichten.

6) Eine schnellstmögliche Harmonisierung der gesetzlichen Regelungen zum Arzneimittelverkehr innerhalb der EU ist mit Nachdruck voranzutreiben, um zu verhindern, dass Produkte von Tieren importiert werden, die einer Behandlung mit in Deutschland verbotenen Arzneimitteln unterzogen worden sind. Nicht zuletzt gilt es, hierdurch Vorsorge gegen eine deutsche Benachteiligung im EU-Wettbewerb zu treffen.

Diesen Schlussfolgerungen wurde zum Abschluss der Veranstaltung (130 Tierärzte aus allen Regionen Deutschlands) im Beisein von Vertretern des BPT-Vorstandes, der Tierärztekammer Niedersachsen sowie der Veterinärverwaltung der Bundesländer Nordrhein-Westfalen (Dr. Bottermann) und Niedersachsen (Dr. Baumgarte) per Akklamation zugestimmt.

Quelle: 21. Bakumer Fachgespräch Samstag, 26. April 2003, Bakum Die Umsetzung der 11. Novelle des AMG: Erste Erfahrungen, Probleme und Lösungsansätze

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