Saugferkelkokzidiose: Dem gelben Durchfall die rote Karte zeigen
von Dr. Manfred Stein, Gyhum, 22.08.03
[Abbildung: Typischer gelber, pastenartiger Durchfall]
Durchfallerkrankungen bei Saugferkeln gehören immer noch zu den gefürchteten Verlustbringern im Abferkelstall. Hier spielen Kokzidien offensichtlich eine zentrale Rolle, da diese Darmparasiten lang anhaltende Schäden an der Darmschleimhaut verursachen und es so zu Kümmern bei Ferkeln kommt. Zudem werden andere bakterielle Darminfektionserreger wie Coli-Bakterien und Clostridien befördert und deren Schadwirkung potenziert.
In europäischen Schweinebeständen wird die Kokzidiose bei Saugferkeln durch den intrazellulären Parasiten Isospora suis verursacht, der bevorzugt den Dünndarm besiedelt (1, 2). Der Einzellerparasit durchläuft einen typischen Vermehrungszyklus (Reproduktionszyklus) und endet in der Bildung von Oozysten, die dann mit dem Kot ausgeschieden werden. Die weitere Reifung der Oocysten in der Außenwelt wird durch die hohen Temperaturen in den Ferkelnestern und durch Feuchtigkeit begünstigt.
Langzeitschäden
Die Saugferkel infizieren sich unmittelbar nach der Geburt durch Kokzidienoozysten in der Umwelt. Eine Infektion durch Kokzidien im Kot der Muttersau ist von untergeordneter Bedeutung. Eine Kokzidieninfektion bei Saugferkeln äußert sich in unblutigen, gelben bis weißlichen Durchfällen in der zweiten oder teilweise auch dritten Lebenswoche. Das klinische Bild ist ansonsten unspektakulär, erkrankte Ferkel saugen weiter und die Sterblichkeit ist gering. Der Landwirt wird so häufig verleitet, den Durchfall mit etwas Torf „zu behandeln“. Und tatsächlich verschwindet der Durchfall auch nach einigen Tagen. Unbeachtet bleibt aber die Tatsache, daß bei der Vermehrung der Kokzidien die Darmschleimhaut großflächig geschädigt werden. Zwar regeneriert sich die Darmschleimhaut verhältnismäßig rasch, bereits nach wenigen Tagen ist sie wieder reepithelialisiert.
Die Verdauungsfunktion ist jedoch auch zu diesem Zeitpunkt noch erheblich eingeschränkt, da die
ursprüngliche Zottengröße noch nicht wieder erreicht ist und die neu gebildeten Epithelzellen auch noch flacher sind. Selbst beim betroffenen Absetzerferkel haben die Zotten des Dünndarms noch nicht wieder die normale Länge erreicht: Somit ist über einen langen Zeitraum die Aufnahme von Nährstoffen nur unzureichend gewährleistet. Die Ferkel zeigen deshalb einen schlechten Allgemeinzustand, Kümmern, Gewichtsverlust, geringere Absetzgewichte und wachsen auseinander (8).
Abbildung: Die für die Nährstoffaufnahme wichtigen Darmzotten sind auf der linken Bildhälfte durch die zerstörerische Wirkung der Kokzidieninfektion weitestgehend verschwunden. Recht ist ein gesunder Dünndarm mit deutlich sichtbaren, normal ausgebildeten Darmzotten abgebildet. Die Nährstoffaufnahme aus dem Darm ist gewährleistet.
[Abbildung: Kümmerndes Ferkel durch Kokzidieninfektion]
Sekundärinfektionen wie beispielsweise E-coli und andere Darmpathogene können die direkten und indirekten Ferkelverluste potenzieren (8). Antibiotische Behandlungen, die sich nur gegen diese Sekundärinfektionen richten, zeigen deshalb zwangsläufig nur ein unbefriedigendes Ergebnis.
Diagnose
Um die klinische Diagnose abzusichern, sollte eine Poolprobe vom Kot von 3-5 Ferkeln pro Wurf untersucht werden. Die Anzahl der untersuchten Würfe ist abhängig von der Bestandsgrösse, es sollten aber mindestens zehn Würfe sein. Durchfall kann vor der Oozystenausscheidung auftreten kann. Deshalb ist es sinnvoll, auch gesund erscheinende Ferkel zu beproben. Die Oozysten werden im Labor in einer Natriumchlorid/Glucose-Lösung mit der Flotationsmethode angereichert und mikroskopisch nachgewiesen. Oozysten von Isospora zeigen bei einer Bestrahlung mit UV-Licht eine deutliche Fluoreszenz, was zur schnelleren und leichteren Diagnose genutzt wird (7).
Therapie
Während man in der Vergangenheit versuchte, mit Sulfonamiden der Saugferkelkokzidiose Herr zu werden, steht jetzt der neu entwickelte Wirkstoff Toltrazuril (Baycox 5%, Bayer) zur Verfügung. Toltrazuril tötet alle intrazellulären Entwicklungsstadien (5), ohne die Fähigkeit des Ferkels zu beeinträchtigen, eine natürliche lebenslange Immunität gegen Kokzidiose auszubilden (3), sondern deutlich stimuliert (5). Eine einzige orale Dosis von 1 ml Baycox 5% pro 2,5 kg Körpergewicht (20 mg Toltrazuril pro Kg KGW) am dritten bis fünften Lebenstag ist ausreichend, um die Kokzidiose bei Saugferkeln erfolgreich zu bekämpfen. Baycox ist für die Ferkel gut verträglich. Sieben Tage alte Ferkel zeigen selbst bei einer fünffachen Überdosierung (100 mg/kg KGW) keinerlei Gesundheitsstörungen (4). Toltrazuril ist mit allen Kokzidiostatika und Antibiotika, die oral verabreicht werden, kompatibel (6).
Molekülbild: Toltrazuril (C18H14F3N3O4S / 1-Methyl-3-[3-methyl-4-[4-[(trifluoromethyl)thio]phenoxy]phenyl]-1,3,5-triazine-2,4,6(1H,3H,5H)-trion
Baycox 5% bekämpft somit nicht nur die Kokzidiose des Saugferkels, sondern trägt dazu bei, dass die Absetzer vitaler sind und ihr Verkaufsgewicht schneller erreichen. An den höheren Tagesgewichtszunahmen und der Ausgeglichenheit der Würfe wird die Wirksamkeit von Baycox 5% überzeugend sichtbar. Das bedeutet für den Ferkelerzeuger deutlich erhöhte Schweinezüchter
signifikante ökonomische Vorteile.
Durch Hygiene absichern
Die Bekämpfung der Saugferkelkokzidiose muss die Stallhygiene einbeziehen. Auch wenn durch Reinigung und Desinfektion eine Parasitentilgung nicht zu erreichen ist, sind dies doch Maßnahmen, die, wenn sie sorgfältig ausgeführt werden, präventiv den Infektionsdruck auf die Ferkel erheblich vermindern und den Therapieerfolg mit Baycox 5% ergänzt. Hierbei ist es zwingend, dass tatsächlich alle Kotreste entfernt werden und dass abschließend ein auf Kokzidienoozysten wirksames Desinfektionsmittel entsprechend der Desinfektionsmittelliste der DVG eingesetzt wird.
Literatur:
(1) Meyer, C., A. J Joachim u. A. Daugshies, (1999): Occurrence of Isospora suis in larger piglet production units and on specialized piglet rearing farms. Vet. Parasitol. 82, 277-284.
(2) Daugshies, A., C. Meyer u. A. Joachim (1999): Vorkommen von Isospora suis in Ferkelerzeuger- und Ferkelaufzuchtbetrieben. Prakt. Tierarzt 6, 530-537.
(3) Haberkorn A (1996): Chemotherapy of human and animal coccidioses: State and perspectives.
Parasitol Res 82(3): 193-199
(4) EMEA, Committee for Veterinary Medicinal Products (1999): Toltrazuril (Extension to pigs) – Summary Report (2)
European Agency for the Evaluation of Medicinal Products, London (GB); pp 5
(5) Haberkorn A (1996): Chemotherapy of human and animal coccidioses: State and perspectives.
Parasitol Res 82(3): 193-199
(6) Manger BR (1991): Anticoccidials. In: Veterinary Applied Pharmacology & Therapeutics (GC Brander, DM Pugh, RJ Baywater & WL Jenkins, eds) Baillière Tindall, London (UK); pp 549-552
(7) Daugshies, A., R. Bialek, A. Joachim, H.-C. Mundt (2001): Autofluorescence microscopy for the detection of nematode eggs and protozoa, in particular Isospora suis, in swine faeces. Parasitol. Res. 87, 409 – 412
(8) Hiepe, Th. (1987) Parasitosen. In: Schweinekrankheiten, Ferdinand Enke Verlag Stuttgart; S. 479 – 481
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