Rinderpraxis: Tiergesundheit und betrieblicher Erfolg werden wesentlich durch das Management beeinflusst
Kiel (aho) – Die Ergebnisse einer schleswig-holsteinischen Studie zur Rindergesundheit belegen aktuell, dass die Tiergesundheit und der betriebliche Erfolg in schleswig-holsteinischen Milchkuhbetrieben wesentlich durch Managementfaktoren beeinflusst werden. Sie erlauben eine erste Einschätzung, welche Entwicklungspotentiale durch gezielte Maßnahmen des betrieblichen Managements unter den gegebenen regionalen Bedingungen realistisch sind. Das erleichtert die Benennung und Umsetzung der einzelbetrieblich vorrangigen Schritte. Angeregt von einigen Tierärzten und der Tierärztekammer, haben die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, das Agrarministerium in Kiel und die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover diese gemeinsame Studie in 100 schleswig-holsteinischen Milchkuhbetrieben in Form einer Fall-Kontroll-Studie durchgeführt. Hierzu informiert das Agrarministerium Kiel.
Nach zuvor festgelegten Kriterien wurde eine Gruppenzuordnung vorgenommen: Betriebe mit unterdurchschnittlicher Zellzahl – gewertet als überdurchschnittlich gute Eutergesundheit -, unterdurchschnittlicher Abgangsrate bei den Kühen und überdurchschnittlicher Lebensleistung der Abgangskühe wurden mit solchen verglichen, bei denen die Zellzahl und die Abgangsrate bei den Kühen deutlich über dem Landesdurchschnitt lagen und die Lebensleistung der abgegangenen Kühe unterdurchschnittlich war. In den Studiengruppen standen in etwa gleichem Verhältnis Kühe der Rassen Schwarzbunt (Holstein Friesian), Rotbunt Doppelnutzung und Rotbunt Red Holstein.
Die Studie profitierte dabei neben der Unterstützung durch die Tierhalter und ihre Verbände, von der Mitwirkung des Landeskontrollverbandes, der landwirtschaftlichen Berater und der Tierärzteschaft. Die Daten wurden mittels eines im Lande erstellten Fragebogens zusammengeführt.
Die Auswertung der Milchleistungs- und Fruchtbarkeitsdaten ergab, dass sich diese Betriebsgruppen auch über mehrere Jahre betrachtet deutlich voneinander unterschieden. So wies die stärker mit Problemen behaftete Gruppe im Schnitt eine um 20 Prozent geringere Milchleistung je Kuh und Jahr auf. Die (für 12 Monate) rückblickende Betrachtung ergab für diese Gruppe eine deutlich höhere Erkrankungsrate. Dabei traten je nach Krankheitsbild unterschiedlich starke Einflüsse auf:
Tab. 1: Faktor, um den die mit Problemen behaftete Gruppe häufiger Erkrankungen bei ihren Kühen aufwies (zurückliegende 12 Monate; Auswahl)
Erkrankung | Faktor |
gestörtes Wiederkäuen | 3,7 |
Labmagenverlagerungen | 3,1 |
gestörte Futteraufnahme | 5,5 |
Verdauungsstörungen (erwachsene Tiere) | 3,2 |
Festliegen | 3,7 |
untypische Hautdefekte | 2,4 |
Pneumonie (Kälber) | 2,0 |
gestörte Fruchtbarkeit | 1,8 |
Bewegungsstörungen | 5,1 |
Stoffwechselprobleme | 2,0 |
Klauenerkrankungen | 1,6 |
unspezifische Leistungsdepression | 3,5 |
Mastitiden | 2,1 |
So wiesen die Kühe in diesen Betrieben zum Beispiel im Durchschnitt fünfmal häufiger Bewegungsstörungen auf als in der Betriebsgruppe, die weniger unter Problemen litt. Die Auswertung ergab deutliche Hinweise auf Zusammenhänge zwischen dem betrieblichen Management und der Zuordnung zu den beiden Betriebsgruppen. Bei bestimmten Haltungsbedingungen vervielfachte sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Herde größere gesundheitliche Probleme bereitet.
Tab 2: Faktor, um den durch bestimmte Haltungsbedingungen (Auswahl)das Risiko dafür steigt, dass ein Betrieb stärker mit Problemen belastet ist
Haltungsbedingung(en) | Risikofaktor |
Verbesserungsfähiges Futtertischmanagement (Kühe) | 7,3 |
Verbesserungsfähige Lüftung (Kühe) | 4,2 |
Verbesserungsfähiger Pflegezustand Liegebereich (Kühe) | 3,5 |
Verbesserungsfähiger Pflegezustand Fressgang (Kühe) | 3,9 |
Verbesserungsfähiger Pflegezustand Laufflächen (Kühe) | 3,2 |
Verschmutzungen im Beinbereich bei mehr als 25% der Kühe | 4,4 |
Körperkondition bei mehr als 10% der Kühe außerhalb des Normalzustandes | 3,9 |
Eingeschränkte Beweglichkeit bei mehr als 10% der Kühe | 3,4 |
Unspezifische Leistungsminderungen (rückschauend 12 Monate) | 5,5 |
Euterentzündungen (rückschauend 12 Monate) | 3,3 |
Unregelmäßige Euterreinigung | 2,5 |
Eher geringe Klauenpflegehäufigkeit (bis zu 1x jährlich) | 2,0 |
Im Bereich von Haltung und Fütterung konnten (in absteigender Reihenfolge) bei den Kühen ein verbesserungsfähiges Futtertischmanagement, die Haltung in Hochboxen ohne Auflage sowie eine verbesserungsfähige Lüftung/Luftqualität als besondere Risikofaktoren dafür identifiziert werden, dass ein Betrieb stärker mit Problemen belastet ist. Unspezifische Minderungen der Milchleistung zeigten in der Studie besonders früh die Neigung zu tiergesundheitlichen Problemen an – deutlich früher als auftretende klinische Euterentzündungen.
Zusätzlich wurden im Rahmen der Studie 39 Herden (sog. Intermediates) untersucht, die in der Vergangenheit durch Erkrankungsbilder aufgefallen waren, die den sogenannten Produktionskrankheiten bei der Milchkuh zugerechnet werden. Hierzu zählen neben Störungen des Allgemeinbefindens gehäufte Beeinträchtigungen bei Tragapparat, Immunsystem, Reproduktion, Eutergesundheit und Stoffwechsel. Diese Betriebe ließen sich jedoch anhand der drei Kriterien – Zellzahl, Abgangsrate und Lebensleistung der Abgangskühe – nicht eindeutig einer der beiden oben genannten Gruppen zuordnen und konnten deshalb nicht in die eigentliche Fall-Kontroll-Studie einbezogen werden. Dennoch wurden mit Blick auf Erkrankungshäufigkeiten und Minderleistung große Ähnlichkeiten mit der Gruppe der Betriebe mit stärkeren Problemen der eigentlichen Studie festgestellt.
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