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DART 2020 – Geeignet um den Siegeszug der Antibiotikaresistenzen in der Humanmedizin zu stoppen?

LeopoldGoetzeEin Zwischenruf von Dr. Leopold Goetze, Apen

(LG) -Mit einem großen und der Problematik angemessenen Medienauftritt wurde in dieser Woche von der Bundesregierung die neue deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie DART 2020 vorgestellt. Die Liste der teilnehmenden Institutionen und Wissenschaftler ist ehrfurchtsgebietend und umfassend und unterstreicht die extrem ehrgeizigen Pläne und den richtigerweise weltweiten Ansatz zur Lösung des Problems.

So fehlt in dem umfangreichen von der Regierung zur Verfügung gestellten Material allem Anschein nach keines der in den letzten fünf Jahren von Wissenschaftlern und Öffentlichkeit (Presse) zusammengetragenen Argumente. Selbst eine sehr weit gefasste und damit scheinbar unantastbare Definition des umstrittenen Begriffes Reserveantibiotikum wurde nicht vergessen (1). Alles in allem eine politisch kluge Maßnahme, denn so verbietet sich jede unmittelbare oder zukünftige Kritik. Allerdings erweckt es den Verdacht auf die Beschaffung eines Alibis: es wurde ja schließlich alles schwarz auf weiß beschrieben und nichts vergessen. Selbst Tatsachen, die noch nicht in vollem Umfang wahr sind wie das im Hintergrund-Dokument beschriebene Vorhandensein der Resistenzproblematik bei landwirtschaftlichen Nutztieren, werden nach dem Willen des Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bald Wirklichkeit werden („Im Veterinärbereich haben wir schon früh die Zeichen der Zeit erkannt und wichtige Vorschriften erlassen. Aber hier dürfen wir nicht stehen bleiben. Unser Ziel muss es sein, den Einsatz von antibiotisch wirksamen Mitteln weiter zu begrenzen.“). Wenn nämlich dem Tierarzt die Waffen zur Behandlung von Infektionskrankheiten geraubt werden, dann wird deren Bekämpfung schwierig und damit auch die Produktion gesunder Tiere und Lebensmittel. Das belegen Erfahrungen aus unseren Nachbarländern Dänemark (2) und den Niederlanden(3).

So wichtig und richtig die überwältigende Mehrzahl der vorgeschlagenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Resistenzproblematik in der Humanmedizin auch ist, die Tiermedizin wurde wiederum eher stiefmütterlich behandelt, sowohl in der Bewertung ihres bisherigen bedeutsamen Beitrags zur Lösung des Problems (Resistenz-Monitoring und Leitlinien für den Einsatz von Antibiotika waren im Veterinärbereich lange vor der ersten DART vorhanden und mussten in ihren Grundzügen nicht geändert werden), in der einseitigen Fokussierung auf landwirtschaftliche Nutztiere gegenüber den in häuslicher Gemeinschaft mit dem Menschen lebenden Tieren wie auch bei der Zuweisung von Zielen, Aufgaben und Ressourcen. Hier wird weiterhin zunächst auf Mengenreduktion und Verbrauchs-Monitoring gesetzt (bislang historisch betrachtet ein im Hinblick auf seinen Erfolg umstrittener Ansatz und auch kürzlich in einem Beitrag des BVL in seiner Einseitigkeit in Frage gestellt (4)), zudem auf eine Verfeinerung des sinnvollen Resistenz- Monitoring und schließlich auf eine bewusste Einschüchterung der Tierärzte durch „restriktive Gesetzgebung“ (warum wird diese im Regierungsdokument euphemistisch „Bewusstmachung“ genannte Maßnahme – nur – bei dieser Berufsklasse notwendig erachtet).

Für die Notwendigkeit der Forschung auch nach neuen tiermedizinischen Antibiotika, die durch innovative Konzepte später nicht zur Resistenz-Problematik beim Menschen beitragen, fehlten der Bundesforschungsministerin Johanna Wanka offensichtlich Phantasie oder das Vertrauen in die Kreativität tiermedizinisch orientierter Wissenschaftler. Betrachtet man den Zeitrahmen, den eine neue Substanz von ihrer Entdeckung bis zur Zulassung benötigt, darf die Förderung eines solchen Ansatzes nicht hintan gestellt werden. Ein Erfolg erscheint hier eher realistisch wäre als die Hoffnung auf eine schnelle Lösung bei den im Vordergrund stehenden Problemkreisen weltweite Reisen, weltweiter Handel und Eintrag humanpathogener multiresistenter Keime in die Umwelt. Vielzahl und Ablauf der derzeitigen internationalen Krisen sprechen leider gegen die erforderliche schnelle Einigung auf gemeinsame Maßnahmen.

Insgesamt und im Sinne aller Menschen und Tiere bleibt zu hoffen, dass trotz mancher Skepsis das vorgestellte Programm DART 2020 ein umfassender Erfolg wird und sowohl Steuerung des Aktionsplanes wie auch die Verteilung von Mitteln reibungslos funktionieren. Die Alternative wäre entsetzlich: dass nämlich mit den vorgestellten Maßnahmen lediglich viele Mitglieder der Heilberufe beschäftigt und die Öffentlichkeit vertröstet werden, während gleichzeitig die Antibiotika-Resistenzen ungehindert ihren Siegeszug fortsetzen.

Quellen und Verweise

(1) „Reserveantibiotika sind Antibiotika, die nur bei schweren Infektionen, bei denen der Erreger nicht bekannt ist, oder wenn ein für die Therapie einer Erkrankung empfohlenes Antibiotikum aufgrund von Resistenzen nicht mehr wirkt, eingesetzt werden. Welches Antibiotikum als Reserveantibiotikum verwendet wird, hängt von derInfektion und dem Erreger ab. Reserveantibiotika sind häufig mit stärkeren Nebenwirkungen und höheren Kosten verbunden.“ (DART 2020 – Antibiotika-Resistenzen bekämpfen zum Wohl von Mensch und Tier, Seite 7)

(2) Welfare (Findings at Slaughter) Consequences following a Reductions in Antibiotic Use, Nana Dupont and H. Stege, EAAP 2014 Copenhagen, Denmark, 25-29 August 2014, 65th Annual Meeting of the European Federation of Animal Science, Department of Large Animal Sciences, University of Copenhagen, Denmark, nhd@sund.ku.dk

(3) More Lawsonia infections noted in the Netherlands (22.10.2014)

(4) Antibiotikaresistenz -Eine sachliche Auseinandersetzung nach der Artikelserie in „Die Zeit“
Überarbeitung der Antibiotika-Leitlinien, Deutsches Tierärzteblatt 3/2015 (S. 332-337), Rüdiger Hauck, Jürgen Wallmann und Thomas Heberer

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