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Weniger Antibiotika: Neue Herausforderungen, neue Chancen, neue Märkte

Ein Zwischenruf des Agraringenieurs Klaus Henry aus Brest.

(kh) – Politiker in Berlin und in den Ländern fordern weniger Antibiotika bei der Aufzucht und Mast von Tieren in der Landwirtschaft. Agrarminister Remmel (NRW) fordert plakativ gar eine Reduktion von 50 Prozent innerhalb weniger Jahre. Bisher hat aber noch niemand ein tragfähiges Konzept vorgelegt, wie ein solches Ziel erreicht werden kann. Krankheiten lassen sich nicht per Gesetz verbieten und Bakterien sind keiner politischen Argumentation zugängig. Sie funktionieren erbarmungslos. Auch das bürokratische Erfassen der Antibiotikaverbräuche in einer Datenbank wird Bakterien und Viren kaum beeindrucken. Zudem besteht die Gefahr, dass – um Antibiotika zu sparen – die Wirkstoffe zu niedrig dosiert und zu kurz eingesetzt werden, was die Verbreitung resistenter Bakterien fördert.

Grundsätzliches Ziel muss das gesunde Einzeltier, der gesunde Tierbestand sein. Gesunde Tiere brauchen kaum Antibiotika. Dabei kann dies nur in einer gemeinschaftlichen Anstrengung von Tierärzten, Arzneimittelherstellen, Stalltechnikfirmen, Mischfutterherstellen und vielen anderen Beteiligten gewährleistet werden.

Futterhersteller müssen sich ihrer großen Verantwortung bewusst sein. Neben der Stallluft und dem Tränkewasser ist das Futter das Medium, mit dem die Tiere am häufigsten in Kontakt kommen. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Verdauungsstörungen und Durchfallerkrankungen oftmals auch andere Erkrankungen, etwa der Atemwege nach sich ziehen (1). Schweine mit Magengeschwüren haben ein zehnmal höheres Risiko, an einer Lungenentzündung zu erkranken. Zudem sind pathogene Mikroorganismen in allen Produktionsstufen und sowohl bei kranken als auch bei gesunden Tieren vorhanden (2). Erst eine gestörte Verdauung ist Wegbereiter für eine Massenvermehrung von pathogenen Mikroorganismen und Endoparasiten. Durchfalldurchweichtes Einstreu fördert Fußballengeschüre beim Geflügel (4,5). Gefährdete Zeiträume sind Geburten, Aufstallungen, Futterwechsel oder der Vorfang beim Geflügel (3). Die Schadkeime reichern sich nicht nur im Tier selbst sondern auch in der Umgebung der Tiere an, so dass dauerhaft die Gefahr einer erneuten Infektion besteht.

Natürlich eröffnen sich in der Zukunft den Mischfutterherstellen auch neue Chancen und Märkte für Spezialfuttermittel und Fütterungskonzepte, die ihren Fokus noch deutlicher auf Gesundheit richten.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“, hat der griechischen Philisoph Heraklit von Ephesus vor etwa 2.500 Jahren erkannt. Unzählige weitere Zitate beziehen sich auf die Tatsache, dass unsere Welt einer permanenten Veränderung unterworfen ist. Entscheidend dabei ist, wie aktiv wir diesen Wandel mitzugestalten bereit sind. Es reicht jedoch nicht, Veränderungen lediglich zuzulassen. Es braucht den Willen zum konkreten Mitgestalten!

Klaus Henry, Dipl.-Ing. agr.; klaus.henry1@ewe.net


(1) Svensmark, B., Nielsen, K., Willeberg P., Jorsale S.E.
Epidemiological studies of piglet diarrhoea in intensively managed Danish sow herds.
II. Post-weaning diarrhoea.
Acta Veterinaria Scandinavia 30 (1), 1989, S. 55-62.

(2) Palzei, A, M. Ritzmann, G. Wolf, u. K. Heinritzi
Erregernachweis aus bronchoalveolärer Lavage bei Schweinen mit Atemwegserkrankungen
Tierärztliche Umschau, 60 (11), 2005, S. 550-556

(3) Bilgili, S. F.
The Risks and Benefits of Flock Thinning
Department of Poultry Science, Auburn University, Auburn, Alabama
USA, Präsentation vom 29.02.2012

(4) Shepherd, E. M.and B. D. Fairchild
Footpad dermatitis in poultry
Poultry Science 89; 2010, S. 2043–2051

(5) Abbott, W. W., J. R. Couch, and R. L. Atkinson.
The incidence of foot-pad dermatitis in young turkeys fed high levels of soybean meal.
Poultry. Science. 48; 1969 S. 2186–2188.


One Comment, Comment or Ping

  1. Gast

    „Zudem besteht die Gefahr, dass – um Antibiotika zu sparen – die Wirkstoffe zu niedrig dosiert und zu kurz eingesetzt werden“

    Ein wichtiger Punkt. Was nützt es, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb keine Arzneimittel einsetzt, es den Tieren aber schlecht geht. Deshalb müssen in die Bewertung immer die Mortalitätsrate der gehaltenen Tiere sowie am Schlachthof systematisch erhobene Gesundheitsparameter einfließen.
    Ich kann nur hoffen, dass auch Biobetriebe diese Daten liefern müssen, denn dann wird klar werden, dass man mit dem Verbot von Arzneimitteln auch nicht weiter kommt und das die Biobranche auch noch einige Hausaufgaben zu machen hat.

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