Tierrechtler gescheitert: Landgericht Münster lehnt Klage gegen Kükentöten ab
Münster (aho) – Das Landgericht Münster hat eine Klage der Staatsanwaltschaft wegen des massenhaften Tötens männlicher Küken abgelehnt. Wie das Gericht am Mittwoch mitteilte, hat sich die beschuldigte Kükenbrüterei im Münsterland nicht strafbar gemacht. Die die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Betreiber einer Kükenbrüterei aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Die Organisation PETA hatte im Februar 2015 eine Strafanzeige gegen die Großbrüterei Josef B. GmbH & Co. KG in Senden gestellt. Die Staatsanwaltschaft Münster hatte darauf hin zum Landgericht Münster gegen die Verantwortlichen des Betriebes Anklage wegen der Tötung männlicher „Eintagsküken“ erhoben. (Az.: 540 Js 290/15 Staatsanwaltschaft Münster – 2 KL2 7/15 Landgericht Münster)
Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Münster ist der Ansicht, dass sich der Angeschuldigte wegen des Tötens von männlichen Eintagsküken nicht strafbar gemacht hat. Nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) wird zwar grundsätzlich bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet. Zur Überzeugung der Kammer bietet die Vorschrift bei verfassungsgemäßer Auslegung (Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz) allerdings keine ausreichende Grundlage für eine Verurteilung, weil der Gesetzgeber bei ihrem Erlass das Töten von männlichen Eintagsküken nicht unter Strafe habe stellen wollen.
Die Kammer begründet diese Einschätzung u.a. mit der noch im Jahre 2012 erlassenen Tierschutzschlachtverordnung, die zulässige Tötungsformen für Eintagsküken regele, der Auswertung der Tierschutzberichte wechselnder Bundesregierungen und weiterer Gesetzesmaterialien. Eine Änderung der strafrechtlichen Beurteilung für einen über Jahrzehnte praktizierten Sachverhalt bedarf nach der Einschätzung der Kammer einer Entscheidung des Gesetzgebers, die das Landgericht – unbeschadet aller moralisch-ethischen Implikationen – nicht an dessen Stelle treffen könne.
Die Kammer hat die Nichteröffnung des Hauptverfahrens ferner damit begründet, dass ein vernünftiger Grund für die Tötung der Eintagsküken im Sinne des § 17 Nr. 1 TierSchG vorgelegen habe. Die durch das Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit des Angeschuldigten gehe dem ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestattetem Tierschutz im speziellen Fall vor. Zwar stelle die Tötung männlicher Eintagsküken einen mehrfachen, nicht umkehrbaren und schwerwiegenden Eingriff in den Tierschutz dar. Der Angeschuldigte könne indes vor dem Hintergrund der jahrzehntelang gebilligten Praxis – jedenfalls bis zum Zeitpunkt einer abweichenden Regelung durch den Gesetzgeber – Vertrauensschutz für die Ausübung seines Betriebs beanspruchen.
Gegen den Beschluss der Kammer kann die Staatsanwaltschaft Münster binnen einer Woche sofortige Beschwerde einlegen, über die das Oberlandesgericht in Hamm zu entscheiden hätte.
Auch andere Versuche, das Töten männlicher Eintagsküken zu beenden, waren nicht von Erfolg gekrönt. Das Verwaltungsgericht (VG) Minden hatte bereits dem Land Nordrhein-Westfalen (Minister Remmel) mit Urteilen vom 30. Januar 2015 untersagt, per Erlass das Töten männlicher Eintagsküken zu verbieten. Das VG Minden hatte entschieden, dass die Untersagung der in der Geflügelzucht vorzufindenden Praxis, wonach männliche Eintagsküken aus Legelinien getötet werden, einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf, die es bisher im geltenden Tierschutzgesetz nicht gibt. Das Gericht gab damit Klagen von elf Brütereien aus NRW statt.
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