TVT-Tierärzte mahnen: Bei der Jungebermast ohne Impfung bezahlt das Tier einen hohen Preis
[Penisbeißen mit Blutungen] Bramsche (aho) – Nach dem 2014 novellierten Tierschutzgesetz wird ab 2019 das betäubungslose Kastrieren des Schweins verboten sein. Darüber hinaus haben einige der großen Lebensmittel- Einzelhandelsketten angekündigt, vom 1. Januar 2017 an kein Fleisch von betäubungslos kastrierten und sogar generell von kastrierten Schweinen zu verkaufen.
Eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde vom BMEL im Auftrag der Bundesregierung dahingehend beantwortet, dass die drei verfügbaren Alternativen zur betäubungslosen Kastration – Kastration unter Betäubung, Jungebermast und Jungebermast mit Impfung – gleich viele Nachteile aufweisen würden, sodass keine der Alternativen als die „einzig richtige“ erklärt werden könne. Diese Auffassung vertritt auch die QS GmbH in ihrer „Position der Wirtschaft zur Ferkelkastration“ vom 18.04.2016.
Dem widerspricht die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) vehement. Der Vorsitzende der TVT, Prof. Thomas Blaha, erklärt: „Die Einschätzung, dass alle drei Alternativen gleich zu bewerten sind, ist nur dann richtig, wenn die Nachteile für den agierenden Menschen und die, die den betroffenen Tieren zugemutet werden, als gleichrangig bewertet oder sogar die Interessen der Menschen höher bewertet werden. Allerdings wird dabei übersehen, dass viele der dem Menschen entstehenden Nachteile, wie Mehrkosten, zusätzlicher Arbeitsaufwand, schlechte Verarbeitungseigenschaften des Fettes von Ebern oder die schwierige Aufklärung des Verbrauchers, von uns Menschen beherrschbar bzw. leistbar sind – die dem Tier entstehenden Nachteile aber von diesem nicht beherrschbar bzw. leistbar sind.“
Die drei bisher als gleichrangig betrachteten Alternativen zur betäubungslosen Kastration des Schweines können aber aus Sicht der Tierethik sehr eindeutig bewertet und einem Ranking zugeordnet werden:
1. Bei der Kastration nach vorheriger Narkose und/oder Betäubung bezahlt das Tier den höchsten Preis auch bei zusätzlicher Schmerzmittelanwendung zur Eindämmung des postoperativen Schmerzes: Das Handling bis zur Narkose erzeugt Angst und einen sehr hohen Stresslevel UND dem Tier wird seine körperliche Unversehrtheit genommen.
2. Bei der Jungebermast ohne Impfung bezahlt das Tier einen hohen Preis: Für Tiere aus der Ebermast zeigen vergleichende Untersuchungen am Schlachthof, dass unkastrierte männliche Schweine signifikant mehr Hautverletzungen (durch Rangkämpfe im Bestand, auf dem Transport und im Wartestall des Schlachthofs) sowie bei nicht wenigen Tieren Spuren des Penisbeißens aufweisen.
3. Bei der Jungebermast mit Impfung (Immunokastration) bezahlt das Tier den geringsten Preis: Hier werden den Tieren zielgerichtete Antigene gespritzt, um deren Immunsystem zur Produktion von Antikörpern gegen Geschlechtshormone zu stimulieren. Nach zweimaliger Impfung wird dadurch die Hodenfunktion und damit die Androstenon- und indirekt auch die für den Ebergeruch verantwortliche Skatolproduktion unterdrückt. Zusätzlich reduziert sich auch das typische Eberverhalten, nämlich der Drang zu Rangkämpfen, der bei nicht geimpften Ebern vielfach zu Verletzungen führt. Zwei Injektionen mehr sind im Lichte der zahlreichen Impfungen, die den Tieren im Interesse der Gesunderhaltung zugemutet werden nur eine geringe zusätzliche Belastung, v. a. in Abwägung der Nachteile, denen die Tiere bei Verzicht auf die Impfung ausgesetzt werden.
Im Sinne des Tierschutzes ist die Jungebermast mit Immunokastration die eindeutig erste Wahl der derzeitig zur Verfügung stehenden Alternativen zur (betäubungslosen) Kastration des Schweines. Daher appellieren wir an die Wirtschaftsbeteiligten und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, die Jungebermast mit Impfung als Alternative der ersten Wahl anzuerkennen.
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