Morbus Crohn und Paratuberkulose: Beweislage erdrückend
London (aho/lme) – Britische Wissenschaftler vom St. George’s Hospital Medical School in London haben weitere Belege für die Hypothese veröffentlicht, daß die chronische Darmentzündung „Morbus Crohn“ beim Menschen durch das Bakterium „Mycobacterium avium paratuberculosis“ (MAP) hervorgerufen wird. Wie Professor John Hermon-Taylor und sein Team in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Microbiology“ berichten, gelang es ihnen mit einem verbesserten Testverfahren bei 34 von 37 Morbus-Crohn-Patienten (92 Prozent) in Darmschleimhautproben MAP, in einer Kontrollgruppe von 33 Personen jedoch nur in 9 Fällen (26 Prozent). Die Autoren folgern, dass das Mycobacterium avium paratuberculosis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine zentrale Rolle bei der Entstehung des Morbus Crohn spielt.
Morbus Crohn ist in vielen Ländern weit verbreitet. In Großbritannien sollen etwa 100.000 Menschen betroffen sein und jährlich werden etwa 5.000 neue Fälle diagnostiziert. In Deutschland sollen nach aktuellen Schätzungen etwa 170.000 Menschen betroffen sein. Der Erreger Mycobacterium avium paratuberculosis (MAP) ist bei Rindern für das Krankheitsbild der Paratuberkulose (Johne’sche Krankheit) verantwortlich. Auch hier handelt es sich um eine chronische Darminfektion, die selbst in Details mit dem Krankheitsbild des Morbus Crohn beim Menschen vergleichbar ist.
Da MAP von infizierten Milchkühen auch in die Milch gelangt und der Erreger extrem hitzeresistent ist, kann er das Pasteurisieren in der Molkerei überleben und so in die Konsummilch gelangen. Die gemeinnützige britische Medizin-Forschungsgesellschaft „Action Research“, die die Forschung finanziell unterstützt hat, empfiehlt Morbus Crohn-Patienten und deren nahe Verwandten, H-Milch-Produkte zu konsumieren, da diese Produkte mit deutlich höheren Temperaturen pasteurisiert werden. Die Forschungsgesellschaft betonte in einer Pressemitteilung, daß dass im allgemeinen kein Grund besteht, auf den Konsum von Milch zu verzichten. Der Erreger „MAP“ rufe bei den meisten Menschen keine gesundheitlichen Probleme hervor, da auch eine genetische Disposition eine Rolle spiele. „Action Research“ forderte gleichzeitig, Morbus Crohn in Großbritannien zu einer meldepflichtigen Krankheit zu machen. Zudem sollten die Pasteurisierungstechniken in den Molkereien verbessert werden. Zudem müssten Milchviehbetriebe auf MAP getestet und Maßnahmen ergriffen werden, um die %url4%Zahl neuer Infektionen bei Rindern zu reduzieren.%/%
Der Keim „MAP“ ist in der Tierwelt weit verbreitet. Er kann bei Schafen, Ziegen, Kaninchen und Wildtieren nachgewiesen werden. Ebenso würde „MAP“ in Gewässern und auf Gemüse nachgewiesen, so daß neben nicht oder unzureichend pasteurisierter Milch und Käse auch andere Infektionswege für den Menschen möglich sind.
Gegenüber der BBC berichtete Professor Hermon-Taylor, daß der Erreger MAP möglicherweise auch am sogenannten „Reizdarmsyndrom“ beteiligt ist. Der Wissenschaftler verwies auf Ergebnisse aus Schweden. Bei dieser Erkrankung sind ähnlich wie bei der Paratuberkulose des Rindes die Nerven des Darmes entzündet. Das „Reizdarmsyndrom“ ist viel verbreiteter als Morbus Crohn und wird im angelsächsischen Sprachraum als „IBS“ („irritable bowel syndrome“) bezeichnet. Etliche der Patienten sind wie bei Morbus Crohn zeitweise arbeitsunfähig oder müssen früher in Rente gehen. Beide Erkrankungen verursachen Kosten in Milliardenhöhe.
Bull TJ, McMinn EJ, Sidi-Boumedine K, Skull A, Durkin D, Neild P, Rhodes G, Pickup R, Hermon-Taylor J. Detection and verification of Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis in fresh ileocolonic mucosal biopsy specimens from individuals with and without Crohn’s disease. J Clin Microbiol. 2003 Jul;41(7):2915-23.