MRSA-Risiko bleibt überschaubar
(bft) – In der Humanmedizin wird MRSA zunehmend als kritischer Infektionserreger gesehen, ein Zusammenhang mit der Nutztierhaltung wird immer wieder diskutiert. Der Blickpunkt sprach mit Prof. Dr. Heinrich Greife, Bayer HealthCare, Animal Health, und Vorsitzender des Technisch-Wissenschaftlichen Ausschusses des Bundesverbandes für Tiergesundheit.
Blickpunkt: Herr Prof. Greife, was ist MRSA?
Prof. Greife: MRSA steht für Methicillin-resistente Staphylococcus aureus. Häufig besteht eine Multiresistenz gegenüber mehreren antibiotischen Wirkstoffgruppen.
Staphylokokken sind bei Mensch und Tier weit verbreitete bakterielle Krankheitserreger, die Haut- und Schleimhautoberflächen besiedeln, beispielsweise als Erreger von Wundinfektionen und Mastitis. MRSA ist seit fast 50 Jahren als Erreger nosokomialer Infektionen beim Menschen (Krankenhausinfektionen) bekannt. Nicht viel später gab es die ersten Berichte über MRSA bei Haustieren, der Mensch liegt damit als Infektionsquelle nahe. Rückübertragungen sind möglich, MRSA ist also ein potenzieller Zoonose-Erreger.
Blickpunkt: Welche Bedeutung hat MRSA bei Nutztieren?
Prof. Greife: Bei verschiedenen Nutztierarten, insbesondere beim Schwein, aber auch bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs, wird seit einigen Jahren vermehrt der MRSA-Typ ST398 nachgewiesen. Ein therapeutisches Problem in der Tiermedizin besteht nicht. Auch in der Humanmedizin ist ST398 bislang nicht als besonderer Problemkeim aufgefallen. So sind unter ein Prozent der MRSA-Infektionen in Krankenhäusern Nutztier assoziiert.
Für direkte Kontaktpersonen wie Landwirte und Tierärzte – gering ausgeprägt auch für ihre Familienangehörigen – besteht allerdings ein erhöhtes Risiko der Besiedlung mit MRSA ST398. Deshalb wird empfohlen, diese „Risikopatienten“ mit starkem Kontakt zur Schweinehaltung bei Krankenhausaufenthalten auf MRSA zu untersuchen.
Blickpunkt: Wie steht es mit der Sicherheit von Lebensmitteln tierischen Ursprungs?
Prof. Greife: Hinweise auf ein erhöhtes Lebensmittelrisiko, beispielsweise durch Übertragung von MRSA durch Fleischverzehr oder durch Kontakt bei der Lebensmittelverarbeitung und -zubereitung, liegen nach einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bislang nicht vor. Deshalb wird das Infektionsrisiko durch Nutztier assoziierte MRSA in Lebensmitteln derzeit als gering eingeschätzt. Beruhigend ist auch, dass die Thematik weiter intensiv erforscht wird. Denn eine auf Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen basierte Risikobewertung ist Voraussetzung für geeignete wirksame Maßnahmen zur Risikominderung für die Gesundheit des Menschen. Vertrauen schafft, dass hierzu das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit den ihnen zugeordneten Behörden und Forschungsinstituten eng zusammenarbeiten. Auf EU-Ebene befasst sich neben der EFSA auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA) intensiv mit dem Vorkommen von MRSA bei Nutztieren, dem potenziellen Risiko einer Zoonose und Maßnahmen zur Risikobegrenzung.
TIERGESUNDHEIT im Blickpunkt 60 / Juni 2009
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