Eine provozierende Frage könnte lauten: „Reduziert Massentierhaltung das MRSA-Risiko?“
(aho) – Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die Laienpresse oder Politiker mit geradezu apokalyptischen Formulierungen die Gefahr heraufbeschwören, dass resistente Keime wie MRSA* von der Massentierhaltung zum Menschen gelangen. Erst kürzlich ließ der Niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) per Pressemitteilung vom 31.03.2014 verkünden: „Tierhalter, das Umfeld der Ställe, aber auch das Fleisch und die Transporte gelten als Überträger multiresistenter Keime wie MRSA, gegen die dann bei einer Behandlung in einer Klinik kein Antibiotikum mehr hilft. Nach Angaben der Bundesregierung sterben pro Jahr rund 15.000 Menschen in Deutschland wegen der Wirkung multiresistenter Keime, … .“ Folglich müssten in viehdichten Gebieten besonders viele MRSA-Infektionen auftreten.
Die nachfolgende Tabelle lässt aber Zweifel an der vorgenannten Aussage entstehen. Ein Vergleich von Tierzahlen in ausgesuchten niedersächsischen Landkreisen und den vom Robert-Koch-Institut registrierten MRSA-Fällen zeigt, dass kein Zusammenhand erkennbar ist. Die höchste MRSA-Häufigkeit hat in der Auswahl der Landkreis Friesland. Hier wird vergleichsweise wenig Vieh gehalten. Hingegen ist die MRSA-Häufigkeit in den viehstarken Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim eher gering. Ähnlich fällt der Vergleich anderer Landkreise aus.
Eine provozierende Frage könnte lauten: „Reduziert Massentierhaltung das MRSA-Risiko?“
Landkreis | Einwohner | Tierzahlen & Arten | Anzahl MRSA-Infektionen | |
|
in 2013 | je 100.000 Einwohnern |
||
Ammerland |
119.365 |
Rindvieh: 87.525 |
3 |
2,5 |
Aurich |
188.267 |
Rindvieh: 123.086 |
13 |
6,9 |
Cloppenburg |
159.717 |
Rindvieh: 162.268 |
17 |
10,6 |
Emsland |
314.765 |
Rindvieh: 206.489 |
10 |
3,2 |
Friesland |
98.649 |
Rindvieh: 84.003 |
16 |
16,2 |
Grafschaft |
135.022 |
Rindvieh: 110.419 |
3 |
2,2 |
Leer |
165.168 |
Rindvieh: 143.665 |
3 |
2,2 |
Oldenburg |
127.712 |
Rindvieh: 77.632 |
5 |
3,9 |
Osnabrück |
355.956 |
Rindvieh: 136.065 |
19 |
5,3 |
Vechta |
137.221 |
Rindvieh: 98.042 |
12 |
8,7 |
Wesermarsch |
89.554 |
Rindvieh: 120.539 |
5 |
5,6 |
Wittmund |
56.784 |
Rindvieh: 74.200 |
4 |
7,0 |
Rindvieh: Kühe, Rinder, Mastbullen
Schweine: versicherte Sauen- und Mastschweinestallplätze
Hühner: versicherte Legehennen, Junghennen und Masthähnchenstallplätze
Puten: versicherte Putenstallplätze
* Methicillin-resistente Staphylococcus aureus
Quellen:
Tierzahlen:
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen 2012/2013
Stand 21.10.2013
Daten zu MRSA:
Robert-Koch-Institut; SurvStat@RKI
Einwohnerzahlen:
Landesamt für Statistik Niedersachsen
Lankreise Niedersachsens
6 Comments, Comment or Ping
Irmgard
Na ja, in Viehdichten Regionen gibt es auch kaum Menschen und wir wissen, dass v.a. in Städten die Rate an MRSA-Fällen am häufigsten ist, a) weil dort prozentual mehr alte und immungeschwächte Menschen leben
b) die Haustierdichte als Risikoquelle für eine Übertragung besonders hoch ist
c) jede dritte Ratte resistent gegen Staphylokken ist (Dank Resistenzen in den Abwasserkanälen
Apr 2nd, 2014
manfred.stein
Werte Irmgard,
darum wurde die MRSA-Häufigkeit pro 100.000 Einwohner angegeben.
mfg
Manfred Stein, aho-Redaktion
Apr 3rd, 2014
Henning
Interessant wäre noch die MRSA-Häufigkeit mit den GVE ins Verhältnis zu setzen
Apr 4th, 2014
Stoffsocke
Ich würde es Intensivtierhaltung nennen. Oder können Sie Massentierhaltung definieren, Herr Stein?
Apr 7th, 2014
manfred.stein
Guten Tag Stoffsocke
haben Sie eine Definition von Intensivtierhaltung?
mfg
ms
Apr 9th, 2014
Sabine
Sehr geehrter Herr Stein.
Ihr Beitrag stellt offensichtlich lediglich auf eine Infektion mit resistenten Keimen durch Kontakt mit dem lebenden Tier ab.
Z.B. in der Schweinemast dürfte wohl kaum Kontakt von Masttieren mit betriebsfremden Menschen stattfinden.
Zur Übertragung von MRSA durch Verzehr von Fleisch und Wurstwaren sagt die Statistik leider gar nicht aus. Dies scheint mir der gängige Übertragungsweg zu sein. Oder wird in viehstarken Gegenden merklich mehr von dem dort produzierten Fleisch gegessen?
Sabine
Mai 28th, 2014
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