Schweinepraxis: HEV auch in bayrischen Schweinebeständen weit verbreitet
München (aho) – War die Hepatitis E vor einigen Jahren noch eine seltene und vor allem nach Auslandsreisen diagnostizierte Erkrankung, so nehmen die an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelten Fallzahlen und darunter die wahrscheinlich in Deutschland erworbenen Erkrankungen in den letzten Jahren kontinuierlich zu (1). Die Hepatitis E ist eine selbstlimitierende Leberentzündung beim Menschen, die durch Viren verursacht wird. Eine fulminante Hepatitis tritt selten auf, allerdings kann die Letalität bei Schwangeren bis zu 25% betragen. Neuere Untersuchungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und anderer Forschungseinrichtungen zeigen, dass durchschnittlich 15 % der erlegten deutschen Wildschweine das Hepatitis E-Virus (HEV) tragen. Aber auch in deutschen Schweinebeständen ist das Virus weit verbreitet. Das belegt eine Untersuchung, die am Institut für Virologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführt wurde. Von 1072 untersuchten Seren wiesen 49,8 % HEV-spezifisches Immunglobulin G auf. Auf Bestandsebene hatten gut dreiviertel der untersuchten Schweinebestände (78,1 %) bereits Kontakt zum Virus gehabt (4).
Vergleichbare Daten legen jetzt Wissenschaftler der Tierärztliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München vor (3). Sie konnten in 516 Blutserumproben und 198 Fleischsaftproben von Schlachtschweinen von vier bayrischen Schlachtbetrieben in rund 68% der Proben HEV-spezifisches Immunglobulin G nachweisen. In 7% der Proben waren auch Immunglobuline vom Typ M nachweisen. Der Nachweis deutet auf eine erst kürzlich stattgefundene Virusinfektion hin (3).
Menschen können sich durch den Umgang mit infizierten Schweinen (Landwirte, Tierärzte, Schlachter) und dem Verzehr von unzureichend gegartem Schweinefleisch infizieren. In die Umwelt gelang das HEV mit Schweinegülle und durch Auswaschungen von gegüllten Flächen in Oberflächengewässer. Von dort kann das Virus ins Meer und damit in Muscheln gelangen, die gelegentlich roh (Austern) oder mangelhaft erhitzt von Menschen verzehrt werden. Als weitere Verbreitungswege der Viren sind „Naturdünger“ (Tierkot), die Bewässerung von Gemüseanpflanzungen und Trinkwasser möglich. In China ist ein Impfstoff für den Menschen zugelassen (5).
(1) RKI, Epidemiologisches Bulletin Nr. 34 30. August 2010, S. 346
(2) Hepatitis E-Virus in deutschen Wildschweinen
Information Nr. 012/2010 des BfR vom 1. März 2010
(3) Wacheck S, Werres C, Mohn U, Dorn S, Soutschek E, Fredriksson-Ahomaa M, Märtlbauer E.
Detection of IgM and IgG Against Hepatitis E Virus in Serum and Meat Juice Samples from Pigs at Slaughter in Bavaria, Germany.
Foodborne Pathog Dis. 2012 Jul;9(7):655-60. Epub 2012 Jun 12.
(4) Bächlein, C.
Vorkommen und Verbreitung des Hepatitis E-Virus in der deutschen Hausschweinepopulation
Hannover, Tierärztliche Hochschule, Dissertation, 2011
(5) Proffitt, A.
First HEV vaccine approved
Nature Biotechnology, 30, 300 (2012) doi:10.1038/nbt0412-300a
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