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Wie funkoniert die Eberimpfung?

(aho) – 20 bis 25 Millionen männliche Ferkel werden in Deutschland jährlich sowohl auf konventionell als auch biologisch wirtschaftenden Schweinehaltungen chirurgisch kastriert. Grund für die Kastration ist, dass einige Eber vor der hierzulande üblichen Schlachtreife den sogenannten „Ebergeruch“ entwickeln würden. Etwa 75 Prozent der Menschen können diesen Ebergeruch bei der Zubereitung und beim Verzehr von Schweinefleisch wahrnehmen. Verbraucher in Europa, Asien und einigen anderen Regionen der Welt empfinden ihn meist als unangenehm. Untersuchungen belegen, dass „geruchsbelastetes“ Schweinefleisch in den meisten europäischen Ländern nicht zu vermarkten ist. Über die Anzahl der Eber, deren Fleisch mit Ebergeruch belastet ist, gehen die Schätzungen weit auseinander. Androstenon (5alpha-Androst-16-en-3-on) und Skatol stellen die Hauptkomponenten des Ebergeruchs dar und reichern sich im Fettgewebe von geschlechtsreifen Ebern an.

Die Kastration wird von Tierschützern kritisiert und auch für die Landwirte ist diese Maßnahme eine erhebliche Arbeitsbelastung. Nicht zuletzt wird den Ferkeln aus veterinärmedizinischer Sicht bei der Kastration zwei Wunden zugefügt, die Eintrittspforten für Krankheitserreger sind. Dieses Problem wird weder durch eine Narkose noch durch Schmerzmittel gelöst. Zudem ist eine Narkose mit Isofluran mit erheblichen Risiken für Anwender und Ferkel verbunden.

Eberimpfung langjährig praktiziert

Seit 1998 wird die sogenannte „Eberimpfung“ in Australien und Neuseeland eingesetzt. Ab 2005 folgten dann eine Vielzahl von Ländern Südamerikas und Asiens. Der Impfstoff Improvac® wurde im Frühjahr 2009 auch in der EU zugelassen.
improvacworldmap_520Abb.: Eberimpfung in vielen Ländern zugelassen

Wie wirkt Improvac®?

Die Wirkungen der Immunisierung mit Improvac® basieren auf einer vorübergehenden Unterdrückung der Hodenfunktion. Damit wird die Bildung und Konzentration der beiden Hauptbestandteile des Ebergeruchs – Androstenon und Skatol – zuverlässig reduziert.

Der Impfstoff Improvac® enthält als wirksamen Bestandteil (Antigen) ein synthetisch hergestelltes Analogon des natürlichen Gonadotropin releasing factor (GnRF), der an ein immunogenes Trägerprotein gebunden ist. GnRF ist verantwortlich dafür, dass die Hodenfunktion bei männlichen Tieren aufrechterhalten bleibt. Wenn ein Eber Improvac® erhält, erkennt sein Immunsystem das GnRF-Antigen als „fremd“ und produziert Antikörper dagegen. Diese Anti-GnRF-Antikörper binden das zirkulierende GnRF. Durch das Fehlen von GnRF nimmt die Bildung der Geschlechtshormone (einschließlich Androstenon) im Hoden ab. Androstenon ist eine der wesentlichen Substanzen, die für den Ebergeruch verantwortlich sind. Durch die Abnahme des Hormonspiegels kann die Leber darüber hinaus die Substanz Skatol im Körper der Schweine wirksamer abbauen, so dass auch der Skatol-Gehalt geringer wird. Skatol ist die zweite wichtige Substanz, die für den Ebergeruch verantwortlich ist.

Als Adjuvans (Hilfsstoff) enthält der Impfstoff eine von der Zuckerart Dextran abgeleitete Substanz, die ebenso wie das Trägerprotein dazu beiträgt, die Wirksamkeit und Dauer des Impfeffektes zu steigern.

[Bild: Sicherheitsinjektor für die Eberimpfung]
Der Impfstoff wird wird mit einem Sicherheitsinjektor an die Schweine verabreicht. Wie bei vielen anderen Impfstoffe bewirkt die Initialdosis von Improvac® ein Priming des Immunsystems für den Impfstoff. Diese initiale Immunantwort reicht nicht aus, um das körpereigene GnRF zu neutralisieren und daher bleibt die Hodenfunktion zunächst noch voll erhalten. Die männlichen Ferkel wachsen weiterhin wie intakte, nicht-kastrierte Eber heran und können dadurch ihr natürliches Wachstumspotenzial ausschöpfen.

Erst die Boosterimpfung mit einer zweiten Dosis Improvac® (4-6 Wochen vor der Schlachtung) werden spezifische Antikörper in solcher Menge gebildet, dass körpereigenes GnRF neutralisiert wird. In der Folge kommt es zur vorübergehenden Unterdrückung der Hodenfunktion. So wird auch die Bildung von Androstenon in den Hoden, einer der für den Ebergeruch hauptverantwortlichen Substanzen, unterdrückt. Durch die Abnahme der gebildeten Geschlechtshormone reduziert sich ebenso deren Hemmwirkung auf den Leberstoffwechsel und damit verringert sich indirekt auch die Konzentration von Skatol.

Die Wirkung tritt innerhalb einer Woche nach der zweiten Impfung ein; es kann jedoch bis zu drei Wochen dauern, bis eventuell vorhandene Konzentrationen von Ebergeruchsstoffen auf ein zu vernachlässigendes Maß reduziert sind. Gleichzeitig ist eine Abnahme von ebertypischen Verhaltensweisen, wie Aufspringen und Rangkämpfe zu erwarten.

Äußerlich sichtbare Veränderungen an den Hoden und Verhaltensänderungen

Durch die Unterdrückung der Hodenfunktion reduziert Improvac® die Testosteronspiegel, sodass die geimpften Eber nicht mehr das typische Verhalten (Rangkämpfe, Aufspringen) zeigen, das für geschlechtsreife, intakte Eber charakteristisch ist. Dadurch sinkt die Verletzungsgefahr in der Gruppe und der Umgang mit den Tieren ist wesentlich einfacher, vergleichbar mit Sauen oder Kastraten.

Die Hoden geimpfter Eber sind deutlich kleiner als die intakter, nicht-geimpfter Eber gleichen Alters.

Sowohl die äußerlich sichtbaren Veränderungen als auch das ruhige Verhalten der Eber nach der zweiten Impfung dienen der Beurteilung der korrekt durchgeführten Impfung und damit der Qualitätssicherung. So kann vermieden werden, dass nicht vollständig geimpfte Eber zur Schlachtung gelangen.

One Comment, Comment or Ping

  1. müller

    Lieber Herr Stein,

    und wer „impft“ die männlichen Tiere das zweite Mal mit 80 bis 90 kg?
    Würden Sie sich alleine in den Stall trauen?

    Es reicht ein Artikel im Stern, dass durch die Impfung Antikörper gegen das „männlichste Organ“ gebildet werden, und der Fleischverzehr bei Männern bricht komplett zusammen.

    Gruß
    Ina

Reply to “Wie funkoniert die Eberimpfung?”

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