Resistente Coli-Bakterien bei gesundem Geflügel: Genaues Hinschauen lohnt sich
[Auch antibiotikaresistente Keime sterben bei Hitze ab!] Hannover/Utrecht (aho) – Die Pressemitteilung des Instituts für Lebensmittelqualität und -sicherheit der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo), man habe bei gesunden Masthähnchen antibiotikaresistente ESBL und AmpC produzierende Coli-Darmbakterien* gefunden (2,3), sorgte in der deutschen Medienlandschaft für Aufsehen.
Eine Reihe von eher laienhaften Medienberichten beschworen daraufhin nicht mehr beherrschbare Infektionen beim Menschen und führten diese resistenten Keime auf einen hemmungslosen Antibiotikaeinsatz beim Geflügel zurück. Die Wissenschaftler selbst hatten nicht untersucht, woher die Keime in die Bestände gekommen waren und ob ein Zusammenhang mit der Anwendung von Antibiotika besteht.
Humanmediziner des „Universitair Medisch Centrum“ (UMC) in Utrecht hatten sich aber unlängst mit der Frage beschäftigt, ob die ESBL-Keime beim Menschen mit denen beim Geflügel identisch sind. Wie sie anlässlich eines Kongresses in Berlin (23nd European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (23nd ECCMID)) (1) sind die Keime nicht identisch. Für ihre Untersuchungen hatten sie das Erbgut der Keime mittels einer Sequenzanalyse verglichen.
Offensichtlich überleben mögliche resistente ESBL-Keime vom Geflügel das Braten und Kochen nicht und die ESBL-Keime auch bei gesunden Menschen müssen anderen Ursprungs sein: Kläranlagen? Mensch-zu-Mensch-Übertragung? Krankenhäuser? Rohes Obst und Gemüse? Hunde- und Katzen?
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* ESBL ist die Abkürzung für das Enzym „Extended-Spectrum Beta-Laktamase“. Hinter AmpC verbirgt sich das Enzym „AmpC Beta-Laktamase“. AmpC und ESBL produzierende Bakterien sind verschiedene Darmbakterien (Enterobakterien), die unterschiedliche Formen von Beta-Laktamase mit einem erweiterten Wirkspektrum produzieren. Die Besonderheit dieses Enzyms ist seine Fähigkeit, sogenannte Betalaktam-Antibiotika zu inaktivieren und den Bakterien eine antibiotikaresistente Eigenschaft zu verleihen. Der bekannteste Vertreter dieser Antibiotikagruppe ist Penicillin. ESBL-Enzyme inaktivieren zudem auch Betalaktam-Antibiotika mit einem breiteren Wirkspektrum.
(1) M. de Been, J. Scharringa, Y. Du, J. Hu, Z. Liu, Y. Lei, Z. Cen, J.W.T. Cohen Stuart, A. Fluit, M.A. Leverstein-van Hall, M.J.M. Bonten, R. Willems, W. van Schaik
Whole genome sequence-based epidemiological analysis of ESBL-producing Escherichia coli.
23nd European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (23nd ECCMID)
27 – 30 April 2013, Berlin, Germany.
(2) von Brethorst, S.
Antibiotikaresistente Bakterien in gesunden Schlachthähnchen nachgewiesen
Nachweis für ESBL und AmpC produzierende Darmbakterien in Hähnchen
Informationsdienst Wissenschaft – idw – Pressemitteilung
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 11.07.2013 10:31
(3) Reich F, Atanassova V, Klein G
Extended-Spectrum β-Lactamase- and AmpC-Producing Enterobacteria in
Healthy Broiler Chickens, Germany
Emerging Infectious Diseases, DOI: 10.3201/eid1908.120879
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