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Marktmacht: Schweizer Großmetzgereien fordern zweifelhafte Gasnarkose bei der Ferkelkastration

Basel/Rheinau (aho/STS/SVTV) – Die marktbeherrschenden Schweizer Großmetzgereien blockieren tierfreundliche Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration, welche ab nächstem Jahr verboten ist. Der Schweizer Tierschutz STS und die Schweizerische Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz STVT kritisierten heute anlässlich einer Medienkonferenz, dass einzig die in mehrerer Hinsicht nicht unproblematische chirurgische Ferkelkastration unter Isofluran-Narkose flächendeckend zum Einsatz kommen wird, während die beiden tierschonenden Methoden Jungebermast und das Impfen gegen den Ebergeruch (Eberimpfung)von den Großmetzgern boykottiert werden.

Ein eben erschienenes Gutachten von Prof. Dr. Rainer J. Schweizer von der Universität St. Gallen zeigt auf, dass die systematische chirurgische Kastration mit isofluran-Narkose Artikel 4.2 und 16 des Tierschutzgesetzes verletzt und es hegt Zweifel bezüglich der Kontrollierbarkeit dieser Methode. Denn die Pflicht zur Narkotisierung könne umgangen werden ohne dass dies beim Tier nachgewiesen werden kann. Das Gutachten empfiehlt dem Bundesrat, die chirurgische Kastration zum Zwecke der Vermeidung des Ebergeruchs als systematisch durchgeführter Eingriff auf den Schweinezuchtbetrieben nach einer Übergangsfrist zu verbieten. Der STS und die STVT schließen sich dieser Forderung an und nennen einen konkreten Termin: Das chirurgische Ferkelkastrieren soll ab 2015 verboten werden. Im weiteren fordern sie, ab 2010 einen Verzicht auf den Import von Schweinefleisch, das von Tieren stammt, die ohne Schmerzausschaltung kastriert wurden.

Auch dieses Jahr werden noch über 1 Million männliche Ferkelbabies ohne Betäubung kastriert – für die wehrlosen Tiere ein unglaublich schmerzhafter und traumatischer Eingriff. Ab 1. Januar 2010 ist dann aber auch die Kastration von Ferkeln gemäss neuem Tierschutzgesetz nur noch unter Schmerzausschaltung erlaubt, so wie dies bei Heim- und den anderen Nutztieren bereits seit Jahren der Fall ist. Also, Problem gelöst?

Großmetzgereien stellen sich quer

Leider ist dem nicht so. Denn von den drei in dem mehrjährigen Forschungsprojekt „ProSchwein“ evaluierten Alternativverfahren zur bisherigen, betäubungslosen Ferkelkastration wird nun ausgerechnet die schlechteste Variante zum Standard erhoben, so STS und SVTV : Die chirurgische Kastration unter Isofluran-Narkose. Die beiden wesentlich tierschonenderen Methoden Jungebermast und die Impfung gegen den Ebergeruch (Eberimpfung)werden von den Grossmetzgereien boykottiert, da sie gewisse Anpassungen und Investitionen in den Schlachtanlagen bedingen.

Dabei ist die Gasnarkose keineswegs unproblematisch, so STS und SVTV. Bis zu zehn Prozent der Tiere werden gemäß ProSchwein nämlich ungenügend narkotisiert. Das entspricht jährlich bis zu hunderttausend Tieren, die im Widerspruch zum Tierschutzgesetz auch weiterhin unter Schmerzen kastriert werden. Ausserdem fehlen klare Richtlinien, dass die Tiere nach der chirurgischen Kastration obligatorisch ein Mittel gegen die postoperativen Schmerzen erhalten. Bei kastrierten Ferkeln lassen sich nämlich Schmerzen während mehrerer Tage bis zu einer Woche nach der Operation nachweisen. Ein im Auftrag des Schweizer Tierschutz STS und der Schweizerischen Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz STVT erstelltes Gutachten von Prof. Dr. Rainer J. Schweizer und seiner Mitarbeiterin Frau Margot Benz zeigt auf, dass die Isofluran-Narkose in der Praxis die Vorgaben des Tierschutzrechts nicht erfüllt. Sie widerspricht unter anderem der Respektierung der Würde der Kreatur und verstößt gegen das Verbot von ungerechtfertigten Belastungen. Die Autoren kommen zum Schluss, dass die systematische chirurgische Kastration von männlichen Ferkeln Art. 4 Abs. 2 Tierschutzgesetz verletzt. Wörtlich führen sie aus:

„Die Tiere sind durch die Kastration einer mehrfachen Belastung ausgesetzt: Sie werden während der Narkose-Einleitungsphase in Angst versetzt; eine erhebliche Zahl der Ferkel erhält eine ungenügende Narkose und wird unter Schmerzen kastriert; die postoperativen Schmerzen, die noch Tage anhalten können, werden durch die Narkose nicht gelindert. Es ist deshalb unverhältnismäßig und damit ungerechtfertigt, wenn trotz schonenderen Alternativen Ferkel systematisch kastriert und damit in ihrer körperlichen Integrität verletzt werden.“ Weiter haben die Autoren geprüft, ob die chirurgische Ferkelkastration mittels Isofluran-Narkose mit Art. 16 des Tierschutzgesetzes vereinbar ist. Dieser Artikel schreibt vor, dass Schmerz verursachende Eingriffe nur unter Schmerzausschaltung und von einer fachkundigen Person vorgenommen werden dürfen. Das Gutachten hält fest, dass die systematische Kastration mit Isofluran-Narkose das Schmerzausschaltungsgebot von Art. 16 des Tierschutzgesetzes verletzt. „Das Gebot gilt für jedes einzelne Tier und lässt keine Narkosemethode zu, bei der zwei bis neun Prozent, bzw. bis zu hunderttausend Tiere pro Jahr keine genügende Narkose erhalten und unter Schmerzen kastriert werden. Hinzu kommt, dass bisher eine Regelung fehlt, welche zur Linderung der postoperativen Schmerzen die Verabreichung eines Schmerzmittels zwingend vorsieht.“

Holland ist vorbildlich

Am tierfreundlichsten ist nach Meinung der Tierschützer die Jungebermast, weil die Tiere unversehrt bleiben. Hinzu kommt, dass die Schweineproduzenten dadurch sogar Kosten sparen können. In Holland wird dieses Konzept bereits mit wachsendem Erfolg praktiziert. Ähnlich wie bei der Herstellung von Parfüms kommen spezialisierte Sensoriker zum Einsatz, welche allfälligen Ebergeruch im Schlachthaus aufspüren. In der Schweiz ist zudem ein Projekt zur Entwicklung einer elektronischen Spürnase für Ebergeruch bereits weit fortgeschritten. Nur etwa 3-5 Prozent sämtlicher Schlachtkörper weisen den unerwünschten Ebergeruch auf.

Warum soll dies nicht auch in der Schweiz möglich sein? „Wir Bio-Produzenten sind bereit, diese Herausforderungen anzunehmen, die Verarbeitungsbetriebe zum allergrößten Teil jedoch nicht. Dies ist uns unverständlich, sind doch die Margen in der Verarbeitung um einiges höher als auf der Produzentenseite“, beklagte sich Martin Ott von der Gut Rheinau GmbH, in dessen Gästehaus heute Donnerstag die gemeinsame Medienkonferenz von STS und STVT stattfand.

3 Comments, Comment or Ping

  1. Lara Gut

    Der Tierschutz würde sich besser über die Lösung mit Narkose freuen, statt in ein Horn mit der Pharmaindustrie zu blasen! Mir persönlich ist es lieber, wenn die kleinen mit Narkose kastriert werden, als dass man gar nichts tut oder das Fleisch mit chemischer Impfung verseucht wird.

    Natürlich wäre die Ebermast das beste für alle, aber bis dahin dauert es bestimmt noch 10 (oder mehr) Jahre. Und bis dann sind die Pharmamultis so fett im Geschäft, dass sie das sicher zu verhindern wissen!

  2. Die Schweizer sind uns voraus, denn sie diskutieren über die Methode, anstatt sich ganz zu sperren, wie es die Deutschen tun!

    Bei uns gibt man einfache Schmerzmittel – das ist so, als wolle würde man vor einer erheblichen OP eine Aspirin statt einer Narkose zur Betäubung bekommen! Bis hier eine Lösung gefunden wird, sollten wir auf Schweinefleisch verzichten – dies ist die einzige Methode, die die Mäster dazu bringen kann, das Tierwohl auch da zu berücksichtigen, wo es sich nicht unmittelbar negativ auf die „Leistung“ auswirkt.

  1. Presse - Jan 4th, 2016

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