Humanmedizin: Bis zu 50 Prozent der Kinder mit Antibiotika versorgt; Saarland, NRW und Rheinland-Pfalz auf Spitzenposition
Berlin (aho) – Rund 22 Millionen Human-Patienten haben im Jahr 2010 eine Antibiotikaverordnung erhalten. Das sind 31,5% aller gesetzlich Krankenversicherten. Innerhalb Deutschlands werden Antibiotika regional unterschiedlich oft verschrieben. Dabei zeigen sich für Kinder und Jugendliche andere regionale Muster als für Erwachsene wie eine aktuelle Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) auf Basis der bundesweiten Arzneiverordnungsdaten demonstriert.
Antibiotika gehören zu den häufigsten Arzneimittelverordnungen in Deutschland. Ihr breiter Einsatz wird inzwischen kritisch beurteilt, da sich zunehmend Resistenzen entwickeln und die Mittel dadurch ihre Wirkung verlieren. Dies wird auch auf die häufige Gabe von Antibiotika zurückgeführt.
Wie die aktuelle Analyse des ZI zeigt, sind die Antibiotika-Verordnungsraten in der ältesten und in der jüngsten Patientengruppe am höchsten. So wurden bundesweit 56% der über 90-Jährigen und 39% der bis 15-Jährigen im Jahr 2010 ambulant mit Antibiotika behandelt. Berücksichtigt wurden alle Patienten, die im Jahr mindestens ein Antibiotika-Rezept erhalten haben.
West-Ärzte besonders verordnungfreudig
Insgesamt sind auffallend hohe Verordnungsraten im Westen Deutschlands zu erkennen. Spitzenreiter sind das Saarland (37%), Rheinland-Pfalz und Westfalen-Lippe (jeweils 35%). Demgegenüber erfolgt die Verordnung im Nord-Osten des Landes deutlich zurückhaltender. Die niedrigsten Verordnungsraten können in Brandenburg (25%), Sachsen (28%), Berlin und Schleswig-Holstein (jeweils 29%) beobachtet werden. Ein ganz anderes regionales Muster wird bei ausschließlicher Betrachtung der unter 15-jährigen Patienten deutlich: die Regionen mit den höchsten Verordnungsraten sind neben dem Saarland nun Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. In diesen Bundesländern wurden im Jahr 2010 rund 50% der jungen Patienten ambulant mit Antibiotika versorgt.
Ursachen für die regionalen Unterschiede konnten nicht abschließend untersucht werden. „Wir vermuten, dass die Erwartungen der Patienten und die Einstellung der Ärzte zu einer Antibiotika-Therapie wesentliche Einflussfaktoren sind“, erklärt Dr. Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des ZI.
Neben der Verordnungshäufigkeit wurden die Antibiotikagruppen auch hinsichtlich des Verordnungsvolumens (Tagesdosen in DDD) ausgewertet. Mit 91,4 Mio. DDD im Jahr 2010 liegen die Basispenicilline auf dem ersten Rang. 26,7% des gesamten Verordnungsvolumens von 342,3 Mio. DDD im Beobachtungszeitraum fallen auf diese Gruppe zurück. Die Gruppen der Cephalosporine, Makrolide/Lincosamide und Tetracycline ( z.B. Minocyclin, Doxycyclin) folgen mit einem Anteil von 18,1%, 16,9% bzw. 16,7% am Verordnungsvolumen. Zu den verordneten Präparaten gehören auch immer noch Wirkstoffe, die in der Veterinärmedizin aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutz längst verboten sind.
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