Erschreckend: Humanmediziner verordnen immer mehr Antibiotika; in Hessen überdurchschnittlicher Anstieg
Frankfurt a. M./Saarbrücken(aho) – Während in der Veterinärmedizin deutlich weniger Antibiotika verordnet werden, steigen die Verordnungen in der Humanmedizin unbeeindruckt von der Diskussion um resistente Keime weiter an. So wurden in Hessen im vergangenen Jahr jedem bei der Techniker Krankenkasse (TK) versicherten Erwerbstätigen 5,4 Tagesdosen dieser Arzneimittel verordnet, 7,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Das zeigt eine Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) zum Antibiotika-Verbrauch in Deutschland.
Spitzenreiter mit 5,8 Tagesdosen ist aber das Saarland und behält damit seinen langjährigen Spitzenplatz, dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Die Sachsen kamen mit 3,7 Tagesdosen aus, die Thüringer mit vier. Der Bundesdurchschnitt liegt bei fünf.
„Unsere Daten zeigen, dass Antibiotika immer noch leichtfertig verordnet werden. Auffällig ist beispielsweise, dass schon bei sehr kurzen Krankschreibungen nach einem Antibiotikum gegriffen wird. Hier wünschen wir uns einen kritischeren Umgang“, sagt Dr. Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertretung Hessen. Bei Männern entfallen knapp zehn Prozent aller Arzneimittelverordnungen auf Antibiotika; bei den Frauen sind es sogar zwölf Prozent. Damit bilden die Antibiotika die bedeutsamste Gruppe unter den Arzneimittelverordnungen.
Das Verordnungsverhalten und der sorglose Umgang mit Antibiotika haben in den vergangenen Jahren zu schwerwiegenden Resistenzen geführt. Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Wirkung verlieren. Antibiotikaresistenzen beruhen auf der Fähigkeit von Mikroorganismen, sich vor der toxischen Wirkung von Antibiotika zu schützen. Daher trägt jeder einzelne Gebrauch von Antibiotika zur Vermehrung resistenter Bakterienstämme bei. Insbesondere sogenannte multiresistente Keime, bei denen kein Medikament mehr wirkt, sind eine zunehmende Gefahr.
Die TK in Hessen begrüßt daher die Initiative des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI) zur Förderung des Infektionsschutzes, mit der die Qualität und Patientensicherheit in hessischen Krankenhäusern verbessert werden soll. Ein Fokus der Initiative liegt darauf, Klinikärzte zu einem verantwortungsbewussten Einsatz von Antibiotika und Krankenhäuser zu gewissenhaften Hygienemaßnahmen zu motivieren. „Es wäre wünschenswert, wenn auch im ambulanten Bereich die Sensibilität bei den Antibiotika-Verordnungen gesteigert würde“, so Dr. Voß.
Krankschreibungen und Arzneimitteldaten
Der TK-Gesundheitsreport analysiert jährlich die Krankschreibungen und Arzneimitteldaten der 4,4 Millionen bei der TK versicherten Erwerbspersonen. Dazu zählen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Empfänger von Arbeitslosengeld I. Für Hessen wurden die Daten von 389.931 TK-Versicherten ausgewertet. Die Daten zu den Antibiotika-Verordnungen stammen aus einer Vorab-Auswertung des Reports. Der TK-Gesundheitsreport 2015 wird am 1. Juli 2015 veröffentlicht.
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