Ebermast: Hohe Schwankungsbreite beim Anteil von „Stinkern“
Melle (aho) – Noch immer sucht die deutsche Landwirtschaft nach einer praxistauglichen Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration. Wissenschaftler des Instituut voor Landbouw- en Visserijonderzoek (ILVO) im belgischen Melle verweisen in einer aktuellen Publikation auf die hohe Schwankungsbreite beim Anteil von deutlich geruchsauffälligen Ebern zum Zeitpunkt der Schlachtung hin. Für ihre Untersuchungen hatten sie die Daten von 20 Praxisbetrieben ausgewertet. Durchschnittlich fielen 3% aller intakten Masteber bei der Schlachtung als „Stinker“ auf. Die Werte variierten aber von Betrieb zu Betrieb von 0 bis 14 %. Die Wissenschaftler sehen als Grund für die hohe Schwankungsbreite betriebsindividuelle Einflussfaktoren.
Hingegen ließ sich der Ebergeruch durch die Eberimpfung mit Improvac (Immunokastration) und durch eine klassische Kastration – mit und ohne Schmerzmittel oder Anästhesie – sicher ausschließen. (1)
Anm. d. Red.: Der gesetzlich festgelegte Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration Ende 2018 rückt unweigerlich näher. Bisher konnte sich die Branche aber noch zu keinem einheitlicher Vorgehen entschließen. Insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel ist nicht bereit, das Fleisch unkastrierter Masteber mit einem Restrisiko an Ebergeruch zu akzeptieren. Und so ist in den Niederlanden bereits eine Marktspaltung Realität. Sauen und Börge werden finanziell honoriert, Masteber hingegen abgestraft.
Aktuell schlachten in Deutschland nur die großen drei Schlachtunternehmen Tönnies, Vion und Westfleisch in nennenswertem Umfang Jungeber. Der Marktanteil in Deutschland dürfte dennoch bei unter 5 % aller Schweineschlachtungen liegen. Insbesondere mittelständische Schlachtunternehmen üben sich in Zurückhaltung, da in- und ausländische Abnehmer das Fleisch von Jungebern in ihren Einkaufsbedingungen kategorisch ausschließen. Und selbst bei den großen Schlachtunternehmen ist die Euphorie verflogen.
Auch die Hoffnung, mit dem Opioid „Butorphanol“ eine wirksame und gesetzeskonforme Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration zu erreichen, hat sich zerschlagen. Wie eine Sprecherin der Klinik für Schweine der Ludwig-Maximilians-Universität München (Leitung Prof. Dr. Mathias Ritzmann, Diplomate ECPHM) gegenüber aho bestätigte, wurden die Untersuchungen mit diesem enttäuschenden Ergebnis abgeschlossen.
(1) Aluwé M, Tuyttens FA, Millet S.
Field experience with surgical castration with anaesthesia, analgesia, immunocastration and production of entire male pigs: performance, carcass traits and boar taint prevalence.
Animal. 2015 Mar;9(3):500-8.
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