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Tunnelblick: Stinkefleisch ist nicht das einzige Problem der Ebermast

[Zerbissener Eberschlachtkörper] Bonn/Berlin (aho) – Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützt ein dreijährige Verbundvorhaben „Strategien zur Vermeidung von Geruchsabweichungen bei der Mast unkastrierter männlicher Schweine (Strat-E-Ger)“ mit rund 1,1 Millionen Euro Steuergelder; das Gesamtvolumen beträgt rund 1,7 Millionen Euro. Das Forschungsprojekt wird vom Institut für Tierwissenschaften der Universität Bonn koordiniert. Projektpartner sind Schlachtunternehmen, Besamungsstationen und ein Biotechnologieunternehmen. Koordiniert wird das Forschungsvorhaben durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Projektträger.

Tatsächlich treten bei der Mast unkastrierter Eber am Schlachtband immer wieder sogenannte „Stinketiere“ auf, deren Fleisch beim Konsumenten Ekel auslöst und aus rechtlicher Sicht entsprechend der EU-Vo 854/2004 untauglich zu beurteilen ist. Der Anteil dieser Stinker an einer Schlachtpartie ist unkalkulierbar. Entsprechend wissenschaftlicher Publikationen und nicht überprüfbarer Einlassungen von Schlachtunternehmen liegt der Anteil in einem Bereich von 4 bis 40%, so dass im günstigsten Fall – auch unter Nutzung züchterischer Maßnahmen – beim Kastrationsverzicht und 26 Millionen Mastebern jährlich rund 1 Million Stinketiere anfielen.

[Blutergüsse durch Klauen] Selbst wenn die Schlachtbranche Eberfleisch mit Geschlechtsgeruch durch Verschneiden und andere Manipulationen soweit hinbekommen sollte, dass der Verbraucher die Ware klaglos schluckt, dann bestehen immer noch erhebliche Tierschutzprobleme durch das normale Eberverhalten: Rangordnungkämpfe, Aufreiten inklusive Becken- und Knochenbrüchen, Blutergüssen, Biss- und Trittverletzungen (5), was gelegentlich die Euthanasie von betroffenen Einzeltieren erforderlich macht (4). Insbesondere treten zum Mastende vermehrt Aggressionen nach dem Herausschlachten schwerere Schweine durch die Neubildung der Rangordnung auf.

Landwirte klagen zudem über eine enorme Unruhe in der Herde und ein hoher Geräuschpegel im Stall. Kastraten hätten die Tendenz, zu fressen und danach zu ruhen – und machten nicht ständig Lärm oder müssten sich nicht ständig wie pubertierende Jugendliche die „Nasen blutig schlagen“ (6).

[Blutige Penisverletzung; Unterbauch blutverschmiert]
Beim sogenannten Penisbeißen reiten die Eber zur Befriedigung des natürlichen Geschlechtstriebes bei Buchtengenossen auf und schachten den Penis aus. Das wiederum animiert andere Tiere, in diesen roten Penis zu beißen. Stark blutende Verletzungen sind die Folge. An bayrischen (1) und belgischen Schlachthöfen (3) wurden entsprechende Penisverletzungen dokumentiert.

Die Misere verbessert sich auch nicht, wenn die Schlachtbranche im Zusammenspiel mit Tierschutzvereinen darüber ein Tierwohl-Mäntelchen hängt, das normale Eberverhalten pathologisiert und es in die Nähe des Schwanzkannibalismus rückt.

Sowohl der Ebergeruch als auch das Eberverhalten lassen sich durch die Eberimpfung (Improvac) vermeiden. Die ungeschützte Ebermast wird scheitern. Wie lautet noch die alte Indianerweisheit? … “Wenn dein Pferd tot ist, dann steig ab!”

(1) Dr. Friederike Zeller
Stellungnahme der Ringgemeinschaft zum Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration
Ringgemeinschaft Bayern e.V.; Onlinepublikation vom 21.10.2012

(2) Prof. Dr. M. Ziron,
Wie aggressiv sind die männlichen Mastschweine wirklich?
Erzeugerring Westfalen; Jahresbericht 2011

(3) Moesker, S: Penisbijten komt sporadisch voor
Boerderij, online, vom 12.09.2012

(4) Rydhmer, L.et al: Aggressive and sexual behaviour of growing and finishing pigs reared in groups, without castration.
Acta Agriculturae Scandinavica Section A, 2006: S. 109-119

(5) Preinerstorfer, A. et al.: Erfahrungen zur Ebermast
Nutztierschutztagung Raumberg-Gumpenstein 2010: S. 47 – 54

(6) Forster, C.
Radaubrüder im Schweinestall
Donaukurier vom 13.11.2012; S. 20

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